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Kommentar/Leserbrief

Zu den Ursachen der Flüchtlingskrise

Die vorbehaltlose Aufnahme und menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen wird von vielen Bürgern solidarisch praktiziert und sollte für Alle eine Selbstverständlichkeit sein.
Leider stellt das Gegenteil oft eher die Regel denn die Ausnahme dar:

Eine brutale Abschottung auf See und zu Land wird durch Frontex und andere Institutionen praktiziert; die Unterbringung in überfüllten Heimen und Abschiebeknästen ist oft belastend, drangsalierend und menschenunwürdig, das Betreuungspersonal häufig ohne adäquate Qualifikation, repressiv und manchmal auch gewalttätig; das oft jahrelange, perspektivlose isolierte Dahinvegetieren begleitet von angstauslösenden Bedrohungen durch Rechtsradikale und Abschiebungen kennzeichnen die Lage vieler, oft bereits vorher traumatisierter MigrantInnen. Geschätzte Zehntausende haben in den letzten Jahren das Martyrium der Flucht - insbesondere durch Wüstengebiete und über See - sowie die Behandlung in den Zielländer nicht überlebt.

Ca. 50 Millionen Menschen sollen derzeit auf der Flucht sein und es werden immer mehr. Ihre verzweifelte Situation präsentiert allenfalls die Spitze des Eisbergs bezogen auf das Elend, das wir in ihren Herkunftsländern vorfinden. Für diesen weltweit verheerenden Zustand sind in erster Linie die Eliten in den Industrienationen verantwortlich.
In ihrem konkurrierenden Kampf um Ressourcen und geostationäre Positionierungen werden ganze Regionen verwüstet. Dürren, Überschwemmungen sowie Bodenerosionen mit anschließenden Hungersnöten werden durch eine verantwortungslose Klimapolitik hervorgerufen.

Ferner sind zu nennen: Landgrabbing und Landraub durch internationale Konzerne, katastrophale ökologische Schäden durch eine rabiate Ausplünderung von Bodenschätzen (z. B. durch Uranabbau im Niger), Zerstörung lokaler Märkte durch diskriminierende Handelsgesetze, Plünderung insbesondere der küstennahen Fischfanggründe sowie ein grenzenloser profitträchtiger Export von Waffen an die regionalen „Verbündeten und Statthalter“, die oft brutale Despoten sind. Um die Ausbeutung sicherzustellen müssen die Nato, USA und Co. immer grausamere Kriege führen und führen lassen, mit Millionen an zivilen Opfern: Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Libyen, Somalia, Mali, Sudan und jetzt der Jemen. Die Liste wird immer länger !

Hinrichtungen mit Drohnen, Folterzentren wie Abu Ghraib und Guantanamo, das deutsche Massaker in Kundus, der massenhafte Einsatz radioaktiver Munition, die weitgehende Zerstörung der irakischen Stadt Fallutscha (etwa so groß wie Kiel) sind Kennzeichen dieser barbarischen Kriege, an deren Dauerzustand und Unbegrenztheit wir gewöhnt werden sollen. Vor allem durch diese Verhältnisse sind die ideologisch und religiös fehlgeleiteten islamistischen Reaktionen zu erklären.
Wir müssen uns mit der Verantwortlichkeit der Herrschenden in den Industriestaaten für die Verelendung in den Herkunftsländern der Flüchtlinge auseinandersetzen und die notwendigen politischen Konsequenzen ziehen.

Für eine solidarische, ökologische und friedliche Weltwirtschaftsordnung,
gegen Waffenexport und gegen eine Welt der Kriege!

Solange wir diese Ziele nicht erreicht haben, müssen wir alle Migranten bedingungslos aufnehmen, menschenwürdig behandeln und schützen!

Hans-Heinrich Rohwer, bereits als Rede am 27. Januar 2015 auf dem Rathausplatz, Kiel

Vortrag von Gabriele Krone-Schmalz auf dem 30. Bundesweiten Friedensratschlag am 9. und 10. Dezember 2023 in Kassel

Quelle: https://friedensratschlag.de/friedensratschlag-2023/vortragstext-krone-schmalz/

 

Frieden und gemeinsame Sicherheit auch mit Russland

Es ist schon abenteuerlich wie viele Selbstverständlichkeiten mittlerweile in Frage gestellt werden. Dazu gehört eben auch, dass es Frieden und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent nur mit Russland geben kann und nicht ohne, und gegen Russland – so wie jetzt praktiziert – schon gar nicht.

Ich mache keinen Hehl aus meiner Fassungslosigkeit angesichts der kriegstreiberischen Politik und der gleichlautenden medialen Begleitung und ich hätte nie für möglich gehalten, dass es so weit kommt.

Die Ikonen der Entspannungs- und Friedenspolitik von SPD und Grünen, die nicht mehr unter uns weilen, werden in ihren Gräbern rotieren angesichts dessen, was aus den Grundlagen geworden ist, die sie mit Vernunft und Geduld geschaffen haben. In dem Zusammenhang kann ich auch gar nicht anders als den Namen Michail Gorbatschow zu erwähnen. Er hat nun wirklich alles riskiert, ohne Rücksicht auf sich und seine Familie, um aus der Ost-West-Konfrontation herauszukommen und das Kalte Kriegs Denken zu überwinden. Gerade wir Deutschen müssten uns jeden Tag dreimal bei ihm entschuldigen dafür, wie wir mit den Ergebnissen seiner Arbeit umgegangen sind und weiter umgehen.

Aber es nützt nichts sich zu echauffieren. Wer das Schlimmste verhindern will, muss argumentieren, muss aufklären, muss Lügen entlarven, und darf vor allen Dingen nicht resignieren oder sich vom Gegenwind umpusten lassen.

Und – so schwer es auch fallen mag – muss nach wie vor den Dialog, die Debatte anbieten und nicht selbst zur Polarisierung beitragen.

Wenn man sich Gedanken darüber macht, welche Politik gegenüber Russland die richtige ist, dann gilt es eine Grundsatzfrage zu klären. Nämlich:

Ist Russland auf einem expansionistischen Kurs, bei dem die Ukraine nur den Anfang darstellt? Oder ging und geht es Russland um eine funktionierende Sicherheitsarchitektur? Darüber kann und muss man streiten. Aber für diesen seriösen Streit gibt es keinen Raum.

Im Gegenteil: die gängige Lesart ist klar. Putin war schon immer ein Monster und jetzt zeigt er sich auch so. Und die sogenannten Entspannungspolitiker früherer Jahre tragen eine Mitschuld an diesem Krieg, weil Putin nur klare Kante versteht.

Man könnte es natürlich auch umdrehen: hätten sich die Entspannungspolitiker mit ihrer Politik wirklich durchsetzen können, dann hätte es diesen Krieg nie gegeben. Stichwort: NATO-Osterweiterung, Geltung von Abrüstungsverträgen.

Um über diese Dinge substanziell zu diskutieren, ist es nötig, belastbare Grundlagen zu liefern, sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft. Es ist nötig, auch wenn es schwerfällt, politische Analyse nicht durch Moral ersetzen zu wollen. Es ist nötig Wissenschaft und Aktionismus auseinanderzuhalten und denjenigen Einhalt zu gebieten, die ihre persönlichen Ansichten mit dem Gütesiegel von Wissenschaftlichkeit versehen, obwohl sie in dieser Angelegenheit nie geforscht haben.

Es ist nötig, die Räume zu schaffen, in denen um die besten und die praktikabelsten Lösungen gestritten werden kann – das ist durchaus nicht immer identisch, leider.

Aber dazu ist es nötig, wieder mit dem Begriff Respekt zu operieren. Seinem Gegenüber bis zum Ende des Gedankens zuzuhören, selbst wenn man sich nicht leiden kann. Mit Engagement überzeugen zu wollen, aber eben auch die innere Bereitschaft und die Größe zu haben, sich selbst überzeugen zu lassen.

Margot Friedländer, die fast schon legendäre Überlebende des Holocaust, mittlerweile 102 Jahre alt, hat mal gesagt: „Du kannst nicht jeden Menschen lieben, aber Du kannst jeden Menschen respektieren.“ Und wenn die das sagt, dann hat es eine ganz besondere Wucht und Bedeutung.

Dann werfen wir doch mal einen respektvollen Blick auf die russische Perspektive zum Thema Sicherheit und Frieden, ohne von vorneherein alles als Propaganda abzuqualifizieren. – Propaganda können alle, das ist keine Spezialität Moskaus.

Da ist es zunächst mal hilfreich die beiden großen Kontrahenten des Kalten Krieges – die USA und die Sowjetunion bzw. Russland – geografisch zu vergleichen. Die USA haben westlich und östlich von sich Ozeane vor der Tür, keine feindlich gesinnten Länder. Im Norden befindet sich Kanada, selbst NATO-Mitglied und im Süden Mexiko, von dem aus nun wirklich keine militärische Gefahr zu erwarten ist.

Bei Russland sieht die Sache anders aus. Russlands Landesgrenzen – also jetzt wirklich Landgrenzen, nicht die Küsten – erstrecken sich über ca. 20.000 km.

Ohne das jetzt hier im Einzelnen aufzuzählen: Russland ist eingekreist von NATO-Ländern und NATO-Stützpunkten, vor allem Richtung Westen.

Die USA unterhalten zahlreiche Militärbasen in Europa. In Polen und Rumänien wurden Raketenabwehrsysteme installiert, die sich technisch relativ leicht in Angriffssysteme umrüsten lassen.

Nebenbei: Russland hat nur 11 Stützpunkte außerhalb des eigenen Landes, davon sind 9 in unmittelbarer Nähe Russlands; die USA unterhalten knapp 800 Stützpunkte in etwa 70 Ländern dieser Welt.

Ist es da wirklich so schwer nachzuvollziehen, dass Russland ein Interesse an einer verlässlichen Sicherheitsarchitektur hat? Wie kann man ernsthaft annehmen, dass sich Russland von der immer weiter heranrückenden NATO inklusive ihrer Infrastruktur nicht bedroht fühlen könnte, schon gar, wenn es auch Länder wie Georgien oder die Ukraine betrifft?

Eine kluge Sicherheitspolitik müsste diese Lage doch einkalkulieren. Das ist aber nicht einmal im Ansatz auf irgendeiner Agenda zu finden.

Fakt ist, dass bei nahezu allen Konflikten und Kriegen auf unserem Planeten mehr als zwei Kontrahenten die Finger im Spiel haben. Auf der Suche nach Zusammenhängen – die man kennen muss, um zu tragfähigen Lösungen zu kommen – empfiehlt es sich, die jeweiligen Interessen herauszufinden und zu benennen.

Das ist meist um ein Vielfaches komplizierter als es auf den ersten Blick scheint, denn es gibt eben nicht die Amerikaner oder die Europäer (die noch viel weniger).

In den USA zeigt sich, dass sich die Kräfte, die das „leidige Thema Ukraine“ abhaken möchten, verstärkt zu Wort melden. Wobei die Hardliner eher bei Blinken im Außenministerium sitzen, also bei den Zivilisten, und die mehr Verhandlungsbereiten ausgerechnet im Verteidigungsministerium.

Uns in Europa sollte jedenfalls klar sein, dass es den Blickwinkel verändert, wenn sich zwischen dem eigenen Land und dem Kriegsgebiet ein breiter Ozean befindet.

Und – dass sich die außenpolitischen Entscheidungen der immer noch stärksten Macht der Welt durchaus an deren innenpolitischen Überlegungen orientieren, schon gar in Vor-Wahl-Zeiten wie jetzt.

Und die Ukraine wäre nicht das erste Land, aus dem sich die USA überhastet zurückziehen.

Das Interesse des sog. militär-industriellen Komplexes ist klar. An bessere Zeiten kann man sich kaum erinnern. Ein lang andauernder Abnutzungskrieg ist ein gutes Geschäft mit dem erfreulichen Nebenaspekt, dass Russland geschwächt wird. Waffenstillstand oder gar Friedensverhandlungen stehen da eher nicht an erster Stelle.

Das Problem in Europa besteht darin, dass es trotz aller beschworenen Gemeinsamkeit keine geschlossene europäische Außenpolitik gibt, schon gar nicht gegenüber Russland. Aus meiner Sicht war es ein großer Fehler, dass man in der EU immer mehr denjenigen Ländern das Sagen in der europäischen Außenpolitik überlassen hat, die noch offene Rechnungen mit Moskau haben. Für Länder wie Polen oder die baltischen Staaten funktioniert Moskau nach wie vor als Synonym für Sowjetunion und schlimme Erinnerungen an sowjetische Zeiten. Das ist menschlich verständlich, aber so macht man keine zukunftsorientierte Friedenspolitik. Das hätte der EU vielleicht früher auffallen sollen.

Jedenfalls ist es in der EU nicht gelungen, den historisch verständlichen Ängsten Polens, Estlands, Lettlands und Litauens und den historisch verständlichen Ängsten Russlands – da hilft ein Blick in die Geschichte und ein Blick auf die Landkarte, um deren Ängste zu verstehen –
es ist in der EU nicht gelungen, diesen jeweils verständlichen Ängsten mit einer konstruktiven Politik zu begegnen, die Interessenausgleich und Friedenssicherung als Ziel hat.

Wir haben uns durch die Aufnahme osteuropäischer Länder in die EU – grundsätzlich eine super Idee – deren Probleme mit Russland ins Bündnis geholt. In der NATO haben wir im Übrigen genau das gleiche. Es ist ein Jammer, dass sich die EU ihr ursprünglich recht gutes Verhältnis mit Russland dadurch nachhaltig ruiniert hat.

Weiter mit den Interessen.

Sowohl in der Ukraine als auch in Russland müsste das Interesse eigentlich sein, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Jeden Tag sterben sehr viele Menschen, wie viele genau, erfahren wir gar nicht.

Sowas wie Kriegsmüdigkeit – ein perverser Begriff, wie ich finde – ist schon eine ganze Weile auch in der Ukraine ein Thema. Die Berichterstattung darüber musste man allerdings mit der Lupe suchen. Das scheint sich jetzt ein wenig zu ändern, wobei man in den sogenannten Leitmedien spürt, wie wenig man das wahrhaben will. Aber die Heroisierung des ukrainischen Präsidenten bricht langsam in sich zusammen.

Die Frage bleibt, wo ist der Ausweg aus dieser verfahrenen Situation?

Insofern wäre so ein Friedensplan, wie die Chinesen ihn vorgelegt haben, gar nicht so falsch, denn China bezieht sich darin nicht nur auf UN-Resolutionen, in denen es heißt, dass Verhandlungen so schnell wie möglich aufgenommen werden sollen, sondern China spricht von „resume talks“, also Gespräche wiederaufnehmen, und zwar an dem Punkt, an dem man Anfang April 2022 aufgehört hat, weil Boris Johnson, der damalige britische Premier, meinte, das sei nicht im Interesse der westlichen Staatengemeinschaft. Da liegt ja was auf dem Tisch, wo man anknüpfen kann, ohne sich mit den jetzt von beiden Seiten vorgetragenen Maximalforderungen herumschlagen zu müssen.

Aber wird darüber medial oder politisch ernsthaft debattiert? Nein. Denn was kann aus China schon Vernünftiges kommen?

Das ist ja auch so ein Ding: es sind nicht die Europäer, die sich in Moskau und Kiew die Klinke in die Hand geben auf der Suche nach Lösungen, sondern wie gesagt Chinesen oder Brasilianer oder Afrikaner, aber eben keine Abordnungen aus der EU. Ein deutsch-französisches Tandem wäre ja auch denkbar.

Absolut unverständlich, dass da nix kommt, denn wenn etwas aus dem Ruder läuft, dann wird Europa weiter zerstört oder gegebenenfalls vernichtet, die Regionen der Welt, aus denen Verhandlungsdelegationen aktiv sind, eher weniger. Das begreife wer will.

Also – Wo lässt sich in dieser hochgradig komplizierten Gemengelage ansetzen?

Von ukrainischer Seite heißt es ja, Russland hat sich diverse Gebiete rechtswidrig angeeignet, also muss es sich auch vollständig aus diesen Gebieten zurückziehen, bevor man überhaupt an Verhandlungen denken kann. Diese Position wird auch von nicht wenigen westlichen Staaten vertreten, die die Ukraine unterstützen.

Das mag ja nach Gerechtigkeit klingen, ist aber naiv und unrealistisch. Das wissen auch die Entscheidungsträger in Washington und in westlichen europäischen Hauptstädten.

Es wird gar nichts anderes übrigbleiben, als diese territorialen Fragen, so gut es geht, auszuklammern. So sehen das auch diverse Forschungsinstitute, die dazu konkrete Vorschläge machen und zivile Verwaltungen unter internationaler Kontrolle ins Spiel bringen. Es gibt auch einen sehr detaillierten Plan, den Harald Kujat, Horst Teltschik, Hajo Funke und Peter Brandt ausgearbeitet haben. Jeder ein Profi auf seinem Gebiet. Aber meines Wissens ist diese Abhandlung nur in der Berliner Zeitung aufgetaucht, nachdem sie in der Schweiz erstmals veröffentlicht wurde. In Deutschland wird so etwas eher als Vaterlandsverrat aufgefasst und im besten Falle ignoriert.

Dabei gibt es historische Vorbilder, an denen man sich grob orientieren könnte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wollte sich Frankreich das Saarland einverleiben, aber im Versailler Vertrag wurde es 1919 zum Mandatsgebiet des Völkerbundes erklärt, der Vorläuferorganisation der UNO. Der Völkerbund stellte das Saarland 1920 unter französische Verwaltung. Völkerrechtlich blieb es allerdings Teil des Deutschen Reiches. Nach 15 Jahren, also 1935, fand eine Volksabstimmung statt, in der sich 90 Prozent gegen eine Angliederung an Frankreich und für eine Rückkehr ins Deutsche Reich entschlossen.

Was wäre denn, wenn die Krim und die anderen von Russland beanspruchten Gebiete zum Mandatsgebiet der UN erklärt würden, sie völkerrechtlich bei der Ukraine blieben, Russland aber mit der Verwaltung betraut wäre? Auf diese Weise würde sich am Status quo zunächst nicht viel ändern, er bekäme aber einen rechtlichen Unterbau. Nach einer Frist, über die man sich verständigen müsste, könnte die UN einen Volksentscheid durchführen, in dem sich die Bevölkerung für die Ukraine, für Russland oder eine vollkommene Unabhängigkeit aussprechen könnte. Dieser Volksentscheid wäre international anerkannt und würde respektiert werden müssen.

Das oder etwas Vergleichbares kann natürlich nur funktionieren, wenn der politische Wille da ist, der politische Wille aus diesem Teufelskreis auszubrechen und sich von den Kategorien des Hasses und der Vergeltung zu befreien.

In anderen Ländern gab es diesen politischen Willen offenbar. Nehmen Sie Südafrika. Nach Jahrzehnten der Apartheidpolitik mit unvorstellbaren Grausamkeiten hat dieses Land mit Hilfe einer Versöhnungskommission einen Neuanfang geschafft. In Spanien war es ein „Pakt des Vergessens“, um nach den Verbrechen der Franco Diktatur neu anfangen zu können. Es gibt noch mehr solcher Beispiele. Aber man muss es wollen.

Wenn man jetzt einen intensiveren Blick auf die Ukraine wirft, dann spielen folgende Punkte eine Rolle:

Als Erstes fällt auf, dass es zwischen dem ukrainischen Präsidenten und seiner Militärführung schon länger Differenzen gibt. Während Selenskyj Durchhalteparolen verbreitet, scheint sich in der militärischen Führung immer mehr die Erkenntnis durchzusetzen, dass die Ukraine – ob mit oder ohne westliche Unterstützung – diesen Krieg nicht gewinnen kann. Das ist das eine.

Wenn man sich das Sicherheitsbedürfnis der Ukraine anschaut, dann kann man ja durchaus die Frage stellen, ob das zwingend mit einer NATO-Mitgliedschaft verbunden sein muss oder ob es da nicht auch andere Möglichkeiten gibt, die sowohl dem Sicherheitsbedürfnis der Ukraine Rechnung tragen als auch den Bedenken Moskaus, ein mehr oder weniger feindliches Militärbündnis unmittelbar vor der Haustür zu haben. Sowas ist ja lösbar, wenn man aufhört, moralisch aufgeladene und an Ideologien orientierte Politik zu betreiben.

Was unbedingt ins Blickfeld gehört, ist die Tatsache, dass die Ukraine aufgrund ihrer Geschichte und ihrer geografischen Lage ein Identitätsproblem hat, das man ansprechen muss, um es lösen zu können. Der innerukrainische Streit über ukrainische Identität ist etwa 150 Jahre alt und bis heute nicht beigelegt. Die Ukraine, wie wir sie heute kennen, gibt es seit 1991, also etwa 32 Jahre. Mit anderen Worten: der Ukraine fehlt eine staatliche Kontinuität. Das muss sich nicht negativ auswirken, wenn den unterschiedlichen Identitäten politisch Rechnung getragen wird. Das war und ist aber nicht der Fall. Gebiete im Osten und Süden des Landes sind von Kiew systematisch vernachlässigt worden und man hat mehrfach versucht, alles Russischsprachige beiseite zu drängen.

Ich will nicht zu sehr spekulieren, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das, was wir jetzt haben, hätte verhindert werden können, wenn die Ukraine mit Blick auf die Innenpolitik eine Föderalisierung betrieben hätte und mit Blick auf die Außenpolitik eine Orientierung in beide Richtungen – nach Westen und nach Russland. Russland hat sich nie daran gestört, wenn die Ukraine ihre Fühler nach Westen ausgestreckt hat, solange das nicht bedeutete, gleichzeitig sämtliche Kontakte Richtung Russland abzubrechen.

So oder so Schnee von gestern, aber trotzdem nicht unerheblich, denn das sind die Dinge, die für eine tragfähige Lösung in der Zukunft eine Rolle spielen werden. Das lässt sich nicht dadurch aushebeln, dass politische Kräfte sowohl in der Ukraine als auch in der westlichen Staatengemeinschaft mantraartig wiederholen, wie sehr sich das Land doch nach Einbindung in den Westen sehnt.

Vielleicht an der Stelle ein kurzer Rückgriff auf das EU-Assoziierungsabkommen von 2014. Es war ein großer Fehler, Russland nicht mit in die Verhandlungen einzubeziehen. Diejenigen, die von Anfang an geraten haben, Brüssel, Kiew und Moskau sollten gemeinsam erarbeiten, wie man das zum Vorteil aller Beteiligten gestaltet, haben sich leider nicht durchsetzen können.

Ökonomisch war es für die Ukraine jedenfalls ein Wahnsinn, die Verbindungen zu Russland zu kappen. Es ging immerhin um zwei Drittel aller Exporte. Nikolai Petro, US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Professor an der University of Rhode Island spricht von „Selbstmordökonomie“ und führt das auch im Einzelnen auf. Er hat ein sehr lesenswertes Buch unter dem Titel „The Tragedy of Ukraine“ geschrieben. (Die Tragödie der Ukraine)

Jedenfalls habe die Kombination von Marktöffnung Richtung Westen und Trennung von Russland der Ukraine nicht gutgetan, so Petro, weder finanziell noch wirtschaftlich noch demographisch. Aber es war aus rein ideologischen Gründen angesagt, sich um jeden Preis von Russland abzuwenden.

Aus meiner Sicht ist es immer und überall ein Fehler, ideologische statt sachorientierter Politik zu betreiben. Das ist leider kein Alleinstellungsmerkmal der Ukraine.

Militärische Stärke und Entspannung – das muss durchaus kein Widerspruch sein, aber dazu gehört eine Politik, die Verhandlungen und Diplomatie höher bewertet als Waffenlieferungen. Und davon scheint im Moment keine Rede zu sein.

Wie groß das Risiko ist, dass „unsere“ Politik mittlerweile eingeht, und zwar ohne sich dafür sachlich zu rechtfertigen, zeigt folgender Punkt. Bundeskanzler Scholz betont ja immer mal wieder, man wolle trotz der Unterstützung der Ukraine und trotz der Waffenlieferungen nicht zur Kriegspartei werden. Das ist ja durchaus von existenzieller Bedeutung für uns alle. Und deshalb ist es so wichtig zu wissen, wo genau da die Grenzlinie verläuft, die man möglichst nicht überschreiten sollte.

Dazu gibt es eine erhellende Auskunft des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Auf eine entsprechende Anfrage war die Antwort – und zwar bereits am 16. März 2022 – also schon vor gut anderthalb Jahren: nicht mit den Waffenlieferungen, aber mit der Ausbildung von Soldaten verlasse man den gesicherten Bereich der Nicht-Kriegsteilnahme. D.h. wir befinden uns bereits seit geraumer Zeit außerhalb des gesicherten Bereichs. Die Bundeswehr hat sogar eine Führungsrolle innerhalb eines EU-Ausbildungsprogramms übernommen.

Im vergangenen Monat hat der dafür zuständige Bundeswehr Generalmajor Christian Freuding nicht ohne Stolz verkündet, dass seit Kriegsbeginn 8.000 ukrainische Soldaten eine Ausbildung bei der Bundeswehr durchlaufen haben.

Es hängt also nicht mehr von uns ab, ob wir Kriegspartei sind oder nicht, sondern von der Wahrnehmung in Moskau.

Müsste über derlei – im wahrsten Sinne des Wortes – existenzielle Fragen nicht offen und öffentlich debattiert werden? Wie weit gehen wir denn in der Unterstützung der Ukraine, wenn wir damit den eigenen Interessen schaden, nicht nur wirtschaftlich, sondern mit Blick auf Krieg und Frieden? Was ist denn mit dem Eid, den Bundeskanzler und Minister bei Amtsantritt feierlich ablegen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden? Was ist denn mit dem Friedensgebot im Grundgesetz?

Diese Debatten finden in der sogenannten Mitte der Gesellschaft eher nicht statt. Ich halte das nicht nur für einen Fehler, sondern für systemgefährdend, denn es führt zur Aushöhlung demokratischen Denkens und das sollten wir uns in Deutschland nach unserer Vorgeschichte nicht leisten.

Unsere Demokratie wird auch nicht in der Ukraine verteidigt, genauso wenig wie damals am Hindukusch. Das ist nur eine besonders hinterhältige Form Kriegseinsätze zu rechtfertigen und moralischen Druck aufzubauen. Der Kampf um unsere Demokratie findet nicht im Ausland statt, sondern innerhalb unserer Landesgrenzen. Und da ist weiß Gott genug zu tun.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Mehrheit in unserer Gesellschaft – schon gar die schweigende – weniger Kriegsrhetorik und mehr diplomatische Ansätze wünscht; dass sie nichts von diesen Ausschluss- und Verweigerungspraktiken hält, nach dem Motto: man kann erst reden, wenn diese oder jene Vorbedingung erfüllt ist. Menschen haben in der Regel ein feines Gespür für Symbolpolitik und wünschen sich eher konstruktive Aktivitäten als Verweigerung. Das ist zumindest mein Eindruck.

Den folgenden Gedanken möchte ich zum Thema Interessen nicht unterschlagen.

Seit ca. 100 Jahren ist es das erklärte politische Ziel der USA, eine enge Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent zu verhindern. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern in offiziellen Papieren nachzulesen. Aus Sicht der USA ist das ein legitimes Ziel, das sie – professionell wie meistens – nun auch erreicht haben.

Der Krieg ist ein gigantisches Wirtschaftsförderprogramm. Nebenbei: im Gegensatz zu Deutschland und meines Wissens auch den anderen Ländern der EU verschenken die USA ihre Waffen nicht, sondern leasen sie und für einen Teil übernimmt die EU die Kosten. Und – die USA werden endlich in Mengen ihr teures und umweltschädliches Fracking-Gas los.

Es wird Zeit europäische Interessen zu definieren – schwer genug, aber für Europa lebensnotwendig, denn um uns herum bilden sich neue Allianzen von Ländern, die die europäisch-amerikanische Bevormundung satthaben und eigenes Selbstbewusstsein entwickeln. Nur jemand mit eurozentristischem Blick und einer gewissen Arroganz kann behaupten Russland sei isoliert. Der Kollege Gabor Steingart geht noch einen Schritt weiter. Er hat gesagt: Russland ist nach dem Überfall auf die Ukraine nicht der Paria der internationalen Gemeinschaft geworden, sondern das neue anti-westliche Rollenmodell.

Jetzt werden Weichen gestellt, mit weitreichenden Konsequenzen. In einer Demokratie, die diesen Namen verdient, muss darüber offen und angstfrei debattiert werden.

Dazu passt eine Aussage von Alfred de Zayas, US-amerikanischer Völkerrechtler und ehemaliger UN-Beamter im Menschenrechtsrat und da zuständig gewesen für „die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung“. Er hat gesagt: „Sowohl Amerikaner wie auch Europäer haben kein Recht, das Überleben des Planeten wegen einer innereuropäischen Querele aufs Spiel zu setzen. Für den durchschnittlichen Afrikaner, Asiaten oder Lateinamerikaner ist es völlig unerheblich, ob die Krim zu Russland oder zur Ukraine gehört. Darüber dürfe sich niemals ein Atomkrieg entfachen.“

Zur Blickwinkelerweiterung gehört eben auch, sich klarzumachen, wie viele Millionen und Milliarden Menschen in anderen Teilen der Welt sitzen mit völlig anderen Interessen, und nicht so zu tun, als hätten „Wir“ – was immer das genau ist – die Deutungshoheit über globale Prozesse.

Ich würde mir wünschen, dass junge Menschen, die mit ihrem Engagement im Kampf gegen den Klimawandel Gesellschaften weltweit aufgerüttelt haben, das Thema Frieden entdecken und sich dafür mit der gleichen Kraft einsetzen. Über die Meinungen, wie man das dann am besten macht, darf und muss gestritten werden.

Mündige Bürger sind in einer Demokratie systemrelevant – eigentlich auch so eine abhanden gekommene Selbstverständlichkeit, sonst hätte Deutschland die Bildung nicht so sträflich vernachlässigt. – Ein mündiger Bürger muss in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, die Konsequenzen seiner Entscheidung zu überblicken und die Verantwortung dafür zu tragen. Wenn das nicht der Fall ist, dann taugt die Demokratie nicht viel.

Die Voraussetzung dafür, fundierte Entscheidungen zu treffen, ist: so umfassend wie möglich informiert zu sein, über Hintergründe Bescheid zu wissen, Zusammenhänge zu erkennen. Das ist anstrengend und mühsam. Niemand hat behauptet, dass Demokratie eine bequeme Angelegenheit ist.

Inhaltliche Auseinandersetzungen mit faktenbasierten Meinungen, streitbare respektvolle Debatten um die besten Lösungen – darum geht es. Um nicht mehr, aber auch um nicht weniger.

Tja, und nun? Immer modernere und schlagkräftigere Waffensysteme sind im Gespräch beziehungsweise werden geliefert oder zumindest zugesagt. Auffällig ist dabei die Zurückhaltung der USA (damit meine ich jetzt nicht die Blockade der Republikaner, bereits beschlossene Mittel nicht zur Verfügung zu stellen) sondern die Tatsache, dass sich die USA trotz umfangreicher Lieferungen – bisher jedenfalls – gewisse Grenzen gesetzt haben. Dazu gehört die Überlegung, keine Waffensysteme zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, weit ins russische Kernland vorzudringen.

Im Gegensatz zu europäischen Ländern sind die USA nämlich nicht davon überzeugt, dass sich die Ukraine an ihre offiziellen Zusagen hält, nur das eigene Land zu verteidigen und russisches Territorium nicht einzubeziehen. Deshalb haben die USA z.B. bestimmte Raketenwerfer nur mit Projektilen geliefert, die eine Reichweite von 85 statt 150 km haben.

General a.D. Harald Kujat, den ich eben schon erwähnt habe, der ehemalige Vorsitzende des NATO- Militärausschusses – immerhin die höchste militärische Autorität der NATO – hat sich zu dieser amerikanischen Zurückhaltung in einem Artikel neulich folgendermaßen geäußert: „Die USA überlassen es den Europäern, amerikanische F-16 zu liefern. Dass die Ukraine entgegen ihrer Zusicherung kürzlich Streumunition bei einem Angriff auf das Stadtgebiet von Donezk gegen zivile Ziele eingesetzt hat, bestätigt die amerikanische Zurückhaltung.“

Währenddessen wird in Deutschland geprüft, ob man das hochleistungsfähige Taurus System, diesen Luft-Boden-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern an die Ukraine abgibt.

Zwei Schlussbemerkungen. Die eine hat mit meinem Berufsstand zu tun.

Journalisten sind mit ihrer Arbeit nicht dafür verantwortlich Frieden zu erhalten, weder den inneren noch den äußeren, aber ihnen sollte schon klar sein, dass sie mit ihrer Arbeit dazu beitragen können, Frieden zu gefährden, sowohl den inneren als auch den äußeren. – Vielleicht muss man das dem einen oder anderen mal unmissverständlich klar machen, respektvoll aber deutlich.

Die zweite Bemerkung. Da werden Sie sich vermutlich wundern, dass ich Thomas Gottschalk erwähne. Ich gehe mal davon aus, dass den auch hier jeder kennt.

Sie haben ja vielleicht mitbekommen, dass er neulich seine letzte Wetten dass-Sendung moderiert hat. Und in seiner Begründung, warum er nicht weitermacht, hat Gottschalk unter anderem folgendes gesagt, fast nebenbei: er habe bisher zu Hause immer genauso geredet wie hier auf der Bühne, aber offenbar ginge das so nicht mehr, und diesen Spagat wolle er sich nicht zumuten. Ich muss sagen, ich fand’s toll, wie dieser Publikumsliebling aus der Unterhaltung kurz und prägnant die Sache auf den Punkt gebracht hat. Was für eine Aussage in unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.

Also – diejenigen, die sich dafür einsetzen, laufende Kriege zu beenden und künftige zu verhindern, müssen jetzt dringend Mittel und Wege finden, wieder als gestalterische Kraft in der Gesellschaft zu wirken. Das wird ohne junge Menschen nicht gehen.

Top U.N. Official verurteilt israelischen Angriff auf Gaza:

Craig Mokhiber, Direktor des New Yorker Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte

 – An Volker Turk, Hochkommissar für Menschenrechte Palais Wilson, Genf

Sehr geehrter Herr Hochkommissar,
dies ist meine letzte offizielle Mitteilung an Sie als Direktor des New Yorker Büros des Hochkommissars für Menschenrechte. Ich schreibe Ihnen in einer Zeit, in der die Welt und auch viele unserer Kollegen in großer Sorge sind. Wieder einmal sehen wir, wie sich ein Völkermord vor unseren Augen entfaltet, und die Organisation, der wir dienen, scheint machtlos zu sein, ihn zu stoppen. Als jemand, der sich seit den 1980er Jahren mit den Menschenrechten in Palästina befasst, in den 1990er Jahren als UN-Menschenrechtsberater in Gaza gelebt und davor und danach mehrere Menschenrechtsmissionen in das Land durchgeführt hat, geht mich dies sehr persönlich an.

Ich habe in diesen Hallen auch während der Völkermorde an den Tutsi, den bosnischen Muslimen, den Jesiden und den Rohingya gearbeitet. In jedem dieser Fälle wurde, als sich der Staub von den Gräueltaten an der wehrlosen Zivilbevölkerung gelegt hatte, schmerzlich deutlich, dass wir unsere Pflicht zur Verhinderung von Massengrausamkeiten, zum Schutz der Schwachen und zur Rechenschaftslegung der Täter nicht erfüllt hatten. Und so war es auch bei den aufeinanderfolgenden Wellen von Mord und Verfolgung gegen die Palästinenser während der gesamten Amtszeit der UNO.
Herr Hochkommissar, wir versagen erneut.

Als Menschenrechtsanwalt mit mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung auf diesem Gebiet weiß ich sehr wohl, dass der Begriff des Völkermords oft politisch missbraucht wurde. Aber das gegenwärtige Massentöten des palästinensischen Volkes, das auf einer ethno-nationalistischen Siedlerkolonialideologie beruht, das die jahrzehntelange systematische Verfolgung und Säuberung des Volkes fortsetzt, die ausschließlich auf seinem Status als Araber beruht, und das mit ausdrücklichen Absichtserklärungen führender Vertreter der israelischen Regierung und des Militärs einhergeht, lässt keinen Raum für Zweifel oder Diskussionen. Im Gazastreifen werden zivile Häuser, Schulen, Kirchen, Moscheen und medizinische Einrichtungen mutwillig angegriffen und Tausende von Zivilisten massakriert. Im Westjordanland, einschließlich des besetzten Jerusalems, werden Häuser beschlagnahmt und neu zugeteilt, und gewalttätige Siedlerpogrome werden von israelischen Militäreinheiten begleitet. Überall im Land herrscht Apartheid.

Dies ist ein Fall von Völkermord wie aus dem Lehrbuch. Das europäische, ethno-nationalistische, koloniale Siedlerprojekt in Palästina ist in seine letzte Phase eingetreten, die auf die beschleunigte Zerstörung der letzten Reste einheimischen palästinensischen Lebens in Palästina abzielt. Mehr noch, die Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und eines Großteils Europas sind an diesem schrecklichen Angriff beteiligt. Diese Regierungen weigern sich nicht nur, ihren vertraglichen Verpflichtungen zur Einhaltung der Genfer Konventionen nachzukommen, sondern sie bewaffnen den Angriff aktiv, unterstützen ihn wirtschaftlich und nachrichtendienstlich und geben Israels Gräueltaten politische und diplomatische Deckung.

Parallel dazu verstoßen westliche Medien, die zunehmend vom Staat vereinnahmt werden, offen gegen Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, indem sie die Palästinenser ständig entmenschlichen, um den Völkermord zu erleichtern, und indem sie Kriegspropaganda und die Befürwortung von nationalem, rassischem oder religiösem Hass verbreiten, was eine Aufstachelung zu Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt darstellt. In den USA ansässige Social-Media-Unternehmen unterdrücken die Stimmen von Menschenrechtsverteidigern und verbreiten gleichzeitig israelfreundliche Propaganda. Online-Trolle der Israel-Lobby und GONGOS belästigen und verleumden Menschenrechtsverteidiger, und westliche Universitäten und Arbeitgeber arbeiten mit ihnen zusammen, um diejenigen zu bestrafen, die es wagen, sich gegen die Gräueltaten auszusprechen. Nach diesem Völkermord müssen auch diese Akteure zur Rechenschaft gezogen werden, so wie es bei Radio Milles Collines in Ruanda der Fall war.

Unter diesen Umständen sind die Anforderungen an unsere Organisation, prinzipientreu und effektiv zu handeln, größer denn je. Aber wir haben die Herausforderung nicht angenommen. Die Schutzmacht Sicherheitsrat wurde erneut durch die Unnachgiebigkeit der USA blockiert, das Generalsekretariat wird wegen der leisesten Proteste angegriffen, und unsere Menschenrechtsmechanismen werden von einem organisierten Netz der Straflosigkeit im Internet anhaltend verleumdet.

Jahrzehntelange Ablenkung durch die illusorischen und größtenteils unaufrichtigen Versprechungen von Oslo haben die Organisation von ihrer Kernaufgabe, dem Schutz des Völkerrechts, der internationalen Menschenrechte und der Charta selbst, abgelenkt. Das Mantra der "Zweistaatenlösung" ist in den Korridoren der UNO zu einem offenen Witz geworden, sowohl wegen seiner faktischen Unmöglichkeit als auch wegen seines völligen Versagens, den unveräußerlichen Menschenrechten des palästinensischen Volkes Rechnung zu tragen. Das so genannte "Quartett" ist nichts weiter als ein Feigenblatt für Untätigkeit und die Unterwerfung unter einen brutalen Status quo geworden. Die (von den USA vorgegebene) Berufung auf "Vereinbarungen zwischen den Parteien selbst" (anstelle des Völkerrechts) war immer eine durchsichtige Täuschung, die darauf abzielte, die Macht Israels über die Rechte der besetzten und enteigneten Palästinenser zu stärken.

Als Hochkommissar kam ich in den 1980er Jahren zu dieser Organisation, weil ich in ihr eine prinzipientreue, auf Normen basierende Institution fand, die voll und ganz auf der Seite der Menschenrechte stand, auch in Fällen, in denen die mächtigen USA, Großbritannien und Europa nicht auf unserer Seite waren. Während meine eigene Regierung, ihre subsidiären Institutionen und ein Großteil der US-Medien immer noch die südafrikanische Apartheid, die israelische Unterdrückung und die mittelamerikanischen Todesschwadronen unterstützten oder rechtfertigten, setzte sich die UNO für die unterdrückten Völker dieser Länder ein. Wir hatten das Völkerrecht auf unserer Seite. Wir hatten die Menschenrechte auf unserer Seite. Wir hatten die Prinzipien auf unserer Seite. Unsere Autorität war in unserer Integrität verwurzelt. Aber das ist vorbei.

In den letzten Jahrzehnten haben wichtige Teile der UNO vor der Macht der USA und der Angst vor der Israel-Lobby kapituliert und diese Grundsätze aufgegeben und sich vom Völkerrecht selbst zurückgezogen. Wir haben durch diese Aufgabe viel verloren, nicht zuletzt unsere eigene weltweite Glaubwürdigkeit. Aber die größten Verluste hat das palästinensische Volk durch unser Versagen erlitten. Es ist eine verblüffende historische Ironie, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in demselben Jahr verabschiedet wurde, in dem die Nakba am palästinensischen Volk verübt wurde. Jahrestag der AEMR begehen, täten wir gut daran, uns von dem alten Klischee zu verabschieden, dass die AEMR aus den Gräueltaten entstanden ist, die ihr vorausgingen, und einzugestehen, dass sie am Rande eines der grausamsten Völkermorde des zwanzigsten Jahrhunderts, nämlich der Zerstörung Palästinas, entstanden ist. In gewissem Sinne versprachen die Verfasser der Verfassung die Menschenrechte für alle, außer für das palästinensische Volk. Und wir sollten uns auch daran erinnern, dass die UNO selbst die Erbsünde trägt, die Enteignung des palästinensischen Volkes zu erleichtern, indem sie das europäische Siedlerkolonialprojekt ratifizierte, das sich palästinensischen Landes bemächtigte und es den Kolonisten überließ.

Es gibt viel, wofür wir büßen müssen.
Aber der Weg zur Sühne ist klar. Wir können viel von der prinzipientreuen Haltung lernen, die in den letzten Tagen in Städten auf der ganzen Welt an den Tag gelegt wurde, als Massen von Menschen gegen den Völkermord aufstanden, selbst unter der Gefahr von Schlägen und Verhaftungen. Palästinenser und ihre Verbündeten, Menschenrechtsaktivisten jeder Couleur, christliche und muslimische Organisationen und fortschrittliche jüdische Stimmen, die sagen "nicht in unserem Namen", gehen mit gutem Beispiel voran. Alles, was wir tun müssen, ist ihnen zu folgen.

Gestern wurde die Grand Central Station in New York, nur wenige Blocks von hier entfernt, von Tausenden jüdischer Menschenrechtsaktivisten eingenommen, die sich mit dem palästinensischen Volk solidarisierten und ein Ende der israelischen Tyrannei forderten (viele riskierten dabei ihre Verhaftung). Damit haben sie die israelische Hasbara-Propaganda (und die alte antisemitische Floskel), dass Israel irgendwie das jüdische Volk repräsentiert, mit einem Schlag entkräftet. Das tut es nicht. Und als solches ist Israel allein für seine Verbrechen verantwortlich. An dieser Stelle muss trotz gegenteiliger Verleumdungen der Israel-Lobby wiederholt werden, dass Kritik an Israels Menschenrechtsverletzungen nicht antisemitisch ist, genauso wenig wie Kritik an saudischen Menschenrechtsverletzungen islamfeindlich, Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Myanmar antibuddhistisch oder Kritik an indischen Menschenrechtsverletzungen antihinduistisch ist. Wenn sie versuchen, uns mit Verleumdungen zum Schweigen zu bringen, müssen wir unsere Stimme erheben, statt sie zu senken. Ich vertraue darauf, dass Sie mir zustimmen, Herr Hochkommissar, dass es genau darum geht, der Macht die Wahrheit zu sagen.

Aber ich schöpfe auch Hoffnung aus den Teilen der UNO, die sich trotz des enormen Drucks geweigert haben, die Menschenrechtsprinzipien der Organisation aufzugeben. Unsere unabhängigen Sonderberichterstatter, Untersuchungskommissionen und Experten der Vertragsorgane sowie die meisten unserer Mitarbeiter haben sich weiterhin für die Menschenrechte des palästinensischen Volkes eingesetzt, auch wenn sich andere Teile der UNO (selbst auf höchster Ebene) schändlich vor der Macht verneigt haben. Als Hüterin der Menschenrechtsnormen und -standards hat das OHCHR eine besondere Pflicht, diese Standards zu verteidigen. Ich glaube, dass es unsere Aufgabe ist, uns Gehör zu verschaffen, vom Generalsekretär bis zum jüngsten UN-Rekruten und quer durch das gesamte UN-System, indem wir darauf bestehen, dass die Menschenrechte des palästinensischen Volkes nirgendwo unter der blauen Flagge zur Debatte, zur Verhandlung oder zum Kompromiss stehen.

Wie sähe also eine auf UN-Normen basierende Position aus? Worauf würden wir hinarbeiten, wenn wir unseren rhetorischen Ermahnungen in Bezug auf Menschenrechte und Gleichheit für alle, Rechenschaftspflicht für die Täter, Wiedergutmachung für die Opfer, Schutz der Schwachen und Stärkung der Rechteinhaber, alles im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit, treu bleiben würden? Ich glaube, die Antwort ist einfach - wenn wir die Klarheit haben, über die propagandistischen Nebelschwaden hinwegzusehen, die die Vision von Gerechtigkeit, auf die wir eingeschworen sind, verzerren, wenn wir den Mut haben, Angst und Ehrerbietung gegenüber mächtigen Staaten aufzugeben, und wenn wir den Willen haben, wirklich das Banner der Menschenrechte und des Friedens hochzuhalten. Sicherlich ist dies ein langfristiges Projekt und ein steiler Aufstieg. Aber wir müssen jetzt damit beginnen oder uns dem unsagbaren Grauen ergeben. Ich sehe zehn wesentliche Punkte:

1. Legitimes Handeln: Erstens müssen wir in der UNO das gescheiterte (und größtenteils unaufrichtige) Oslo-Paradigma, seine illusorische Zweistaatenlösung, sein ohnmächtiges und mitschuldiges Quartett und seine Unterwerfung des Völkerrechts unter das Diktat vermeintlicher politischer Zweckmäßigkeit aufgeben. Unsere Positionen müssen unmissverständlich auf den internationalen Menschenrechten und dem Völkerrecht beruhen.

2. Klarheit der Vision: Wir müssen aufhören, den Anschein zu erwecken, es handele sich lediglich um einen Land- oder Religionskonflikt zwischen zwei Kriegsparteien, und die Realität anerkennen, in der ein unverhältnismäßig mächtiger Staat eine indigene Bevölkerung auf der Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit kolonisiert, verfolgt und enteignet.

3. Ein Staat auf der Grundlage der Menschenrechte: Wir müssen die Errichtung eines einzigen, demokratischen, säkularen Staates im gesamten historischen Palästina unterstützen, mit gleichen Rechten für Christen, Muslime und Juden, und damit die Abschaffung des zutiefst rassistischen, siedler-kolonialen Projekts und ein Ende der Apartheid im ganzen Land.

4. Kampf gegen die Apartheid: Wir müssen alle Bemühungen und Ressourcen der UNO auf den Kampf gegen die Apartheid ausrichten, so wie wir es in den 1970er, 80er und frühen 90er Jahren für Südafrika getan haben.

5. Rückkehr und Entschädigung: Wir müssen das Recht auf Rückkehr und volle Entschädigung für alle Palästinenser und ihre Familien, die derzeit in den besetzten Gebieten, im Libanon, in Jordanien, in Syrien und in der Diaspora auf der ganzen Welt leben, bekräftigen und darauf bestehen.

6. Wahrheit und Gerechtigkeit: Wir müssen einen Prozess der Übergangsjustiz fordern, der die jahrzehntelangen Ermittlungen, Untersuchungen und Berichte der Vereinten Nationen in vollem Umfang nutzt, um die Wahrheit zu dokumentieren und die Rechenschaftspflicht für alle Täter, die Wiedergutmachung für alle Opfer und die Wiedergutmachung der dokumentierten Ungerechtigkeiten zu gewährleisten.

7. Schutz: Wir müssen auf die Entsendung einer gut ausgestatteten und mit einem starken Mandat ausgestatteten UN-Schutztruppe drängen, die ein dauerhaftes Mandat zum Schutz der Zivilbevölkerung vom Fluss bis zum Meer hat.

8. Entwaffnung: Wir müssen uns für die Beseitigung und Zerstörung von Israels massiven Beständen an nuklearen, chemischen und biologischen Waffen einsetzen, damit der Konflikt nicht zu einer totalen Zerstörung der Region und möglicherweise darüber hinaus führt.

9. Vermittlung:
Wir müssen erkennen, dass die USA und andere westliche Mächte in Wirklichkeit keine glaubwürdigen Vermittler sind, sondern tatsächliche Konfliktparteien, die sich mit Israel an der Verletzung der palästinensischen Rechte mitschuldig machen, und wir müssen sie als solche ansprechen.

10. Solidarität: Wir müssen unsere Türen (und die Türen des Generalsekretariats) weit öffnen für die Legionen palästinensischer, israelischer, jüdischer, muslimischer und christlicher Menschenrechtsverteidiger, die sich mit dem palästinensischen Volk und seinen Menschenrechten solidarisieren, und den ungehinderten Zustrom von Israel-Lobbyisten in die Büros der UN-Führer stoppen, wo sie für fortgesetzten Krieg, Verfolgung, Apartheid und Straffreiheit eintreten und unsere Menschenrechtsverteidiger für ihre prinzipienfeste Verteidigung der palästinensischen Rechte verleumden. Es wird Jahre dauern, dies zu erreichen, und die westlichen Mächte werden uns bei jedem Schritt bekämpfen, also müssen wir standhaft bleiben. Kurzfristig müssen wir uns für einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende der langjährigen Belagerung des Gazastreifens einsetzen, uns gegen die ethnische Säuberung des Gazastreifens, Jerusalems und des Westjordanlands (und anderswo) zur Wehr setzen, den völkermörderischen Angriff im Gazastreifen dokumentieren, dabei helfen, den Palästinensern massive humanitäre Hilfe und Wiederaufbau zukommen zu lassen, uns um unsere traumatisierten Kollegen und ihre Familien kümmern und mit aller Kraft für eine prinzipienfeste Haltung in den politischen Büros der UNO kämpfen.

Das bisherige Versagen der UNO in Palästina ist für uns kein Grund, uns zurückzuziehen. Vielmehr sollte es uns den Mut geben, das gescheiterte Paradigma der Vergangenheit aufzugeben und einen prinzipientreueren Kurs einzuschlagen. Lassen Sie uns als OHCHR mutig und stolz der Anti-Apartheid-Bewegung beitreten, die überall auf der Welt wächst, und unser Logo unter das Banner der Gleichheit und der Menschenrechte für das palästinensische Volk setzen. Die Welt schaut zu. Wir alle werden Rechenschaft darüber ablegen müssen, wo wir in diesem entscheidenden Moment der Geschichte stehen. Lassen Sie uns auf der Seite der Gerechtigkeit stehen.
Ich danke Ihnen, Herr Hochkommissar Volker, dass Sie diesen letzten Appell von meinem Schreibtisch aus gehört haben. In wenigen Tagen werde ich das Amt zum letzten Mal verlassen, nach mehr als drei Jahrzehnten im Dienst. Aber bitte zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, wenn ich Ihnen in Zukunft behilflich sein kann.

Craig Mokhiber

Quelle: “Genocide”: Top U.N. Official Craig Mokhiber Resigns, Denounces Israeli Assault on Gaza
"I will leave the Office in a few days for the last time"

Der Rücktrittsbrief von Craig Mokhiber vom 28.10.2023
https://s3.documentcloud.org/documents/24103463/craig-mokhiber-resignation-letter.pdf

Kommentar

Libyen: Warum Gaddafi beseitigt wurde

Helmut Scheben / 17.02.2023  

Der Nato-Krieg in Libyen wurde als humanitäre Mission begründet. Er war vor allem eine Mission zum Schutz von Dollar und Euro.

«Brasilien und Argentinien planen eine neue, gemeinsame Währung», titelte die Financial Times Ende Januar. Andere Länder Lateinamerikas seien eingeladen mitzumachen. Es könnte die zweitgrösste Währungsunion der Welt entstehen. Die neue Währung soll Sur (Süden) heissen, wohl in Anlehnung an die lateinamerikanische Freihandelszone Mercosur. Ziel sei es, die Abhängigkeit vom Dollar zu mindern, so die Financial Times.

Offenbar muss man sich in Washington vorerst aber keine Sorgen machen, denn bis zur Realisierung solcher Pläne sei es noch ein langer Weg, wiegelte Argentiniens Wirtschaftsminister Sergio Massa ab: «Es wird eine Studie über Mechanismen einer Handelsintegration (…) Es ist der erste Schritt auf einem langen Weg, den Lateinamerika gehen muss.»

Überraschend konkret

Er wählte sicher ein gutes Statement, um besorgte Investoren zu beruhigen. Aber kurz darauf wurde die Sache doch überraschend konkret. Am 4. Januar, drei Tage nach Amtsantritt des neuen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, erklärte Daniel Scioli, der argentinische Botschafter in Brasilien, Argentinien und Brasilien würden jetzt vorwärts machen mit einer Wirtschaftsintegration und einer gemeinsamen Währung, die auf den ganzen Mercosur ausgedehnt werden soll.

Ein Phantom geht um die Welt: die Vorstellung vom Begräbnis des Dollar als Leitwährung. Russland und China begleichen ihre Rechnungen zunehmend in Yuan und Rubel. Moskau und Teheran geben bekannt, dass bereits fast die Hälfte ihres Handels in Rubel abgewickelt wird. China hilft dem hochverschuldeten Argentinien mit Milliarden-Darlehen in Yuan/Renminbi. Chinas Zentralbank und andere Zentralbanken horten Gold mit dem Ziel der «Entdollarisierung» der Weltwirtschaft.

Der harmlos klingende Begriff Leitwährung übertüncht die Übermacht, die der Leitwährung zu ihrer Leitfunktion verhilft. Diese Währungsmacht wird nicht nur mit Politik verteidigt, sondern auch mit Kampfjets, Panzern und Kanonen. Das jährlich steigende Militärbudget der USA wird demnächst die unglaubliche Summe von einer Billion Dollar erreichen.

USA wollen Gaslieferungen unterbinden

Die Hartnäckigkeit, mit der die USA – ganz im Sinne vom «grossen Schachbrett» des einstigen US-Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski – das Funktionieren eines eurasischen Wirtschaftsraums zu verhindern suchen, ist wahrscheinlich der stärkste Faktor im Konflikt zwischen Washington und Moskau. Augenfälligstes Beispiel ist der langjährige Versuch Washingtons, die Gaslieferungen von Russland nach Westen zu hintertreiben. Es kann kaum Zweifel geben, dass Washington an dem Sprengstoffanschlag auf die Pipeline North Stream 2 beteiligt war. Präsident Biden hatte vollmundig angekündigt, man werde den Betrieb der Gasleitung zu verhindern wissen.

Weitgehend unbemerkt blieb in der westlichen Öffentlichkeit die Tatsache, dass es schon 2011 im Krieg in Libyen darum ging, ein Wirtschaftsprojekt zu verhindern. Muammar al-Gaddafi plante eine afrikanische Währungsunion und stand damit kurz vor der Verwirklichung. Ein – wie im Folgenden darzulegen – unerhörter Affront gegenüber Frankreich und westlichen Konzernen.

Gaddafi wandte sich Afrika zu

Der libysche Herrscher hatte sich im letzten Jahrzehnt seines Lebens mehr und mehr Afrika zugewandt. 2010 und 2011 war er Präsident der Afrikanischen Union. Das ölreiche Libyen nahm nicht nur viele afrikanische Arbeitsimmigranten auf und gab «den afrikanischen Brüdern» Arbeit, sondern finanzierte Projekte wie den afrikanischen Kommunikations-Satelliten, was für einen ganzen Kontinent erleichterten Zugang zu Telefon und Internet bedeutete.

Libyen war 2010 das einzige afrikanische Land mit einem vergleichsweise hohen Bruttoinlandprodukt von 14’000 US-Dollar pro Kopf. Bildung und medizinische Versorgung waren kostenlos. Für 0,12 Euro bekamen Libyer einen Liter Benzin, das war manchmal billiger als Wasser.

Höchste Alarmstufe

Das brisanteste Projekt Gaddafis war die Schaffung einer afrikanischen Währungsunion. Damit wollte er der Abhängigkeit von Dollar und Euro entgehen. Das Projekt löste in der globalen Wirtschaft, also bei grossen westlichen Banken, Rohstoffkonzernen und beim Internationalen Währungsfonds höchste Alarmstufe aus.

Der Soziologe und Nordafrika-Experte Werner Ruf nennt den Sturz und die Ermordung Gaddafis «eines der finstersten, aber kaum beachteten Beispiele neo-imperialer Politik» (Fritz Edlinger/Günther Lanier: Krisenregion Sahel, Seiten 199 ff). Laut Ruf gründete Gaddafi eine afrikanische Investitionsbank mit Sitz in Sirte (Libyen), einen afrikanischen Währungsfonds mit Sitz in Yaoundé (Kamerun) und eine afrikanische Zentralbank in Abuja (Nigeria) zwecks Einführung einer afrikanischen Währung. Kapitalisiert werden sollte das Projekt unter anderem mit der enormen Menge an Gold und Dollarreserven, die Libyen angehäuft hatte, und mit dem durch Sanktionen blockierten 30-Milliarden-Dollar-Guthaben der libyschen Zentralbank, das von der UNO freigegeben wurde.

Um die politische Explosivität dieses Vorhabens zu begreifen, muss man wissen, dass es Frankreich 1945 auf der Konferenz von Bretton Woods gelang, in seinen ehemaligen Kolonien eine Währungszone, die Communauté Financière d’Afrique (CFA) durchzusetzen, in der der CFA als Währung an den französischen Franc und später an den Euro gekoppelt war (1 Euro entspricht derzeit zirka 650 CFA).

Unter französischer Kontrolle

Die französische Zentralbank kontrolliert bis heute (im Auftrag der Europäischen Zentralbank) den Wechselkurs und die bei ihr deponierten Reserven der mehr als ein Dutzend Mitgliedsländer der Westafrikanischen und der Zentralafrikanischen Union. Die afrikanischen Länder haben also nicht die Möglichkeit, über ihre Geldpolitik selbst zu entscheiden. Der freie Kapitalverkehr garantiert westlichen Konzernen den ungehinderten Zugang zu den afrikanischen Märkten und strategisch wichtigen Rohstoffen sowie die Repatriierung von Gewinnen. Afrikanische Ökonomen kritisierten das System immer wieder als Knechtschaft und «monetäre Erpressung» (Ruf, Seiten 201/202).

Gaddafis Währungsunion stand um die Jahreswende 2010/2011 kurz vor der Realisierung, als in Tunesien und Ägypten Massenproteste und Aufstände ausbrachen, die weitgehend über die neuen Social Media organisiert worden waren. In der westlichen Öffentlichkeit breitete sich schlagartig die Parole vom «Arabischen Frühling» aus, wohl in Anlehnung an den «Prager Frühling», und ähnliche ideologisch besetzte Vokabeln. Jugendliche «Rebellen» würden, so die damals durchgehend falsche Medien-Erzählung, autoritäre Regime hinwegfegen. Im Februar 2011 griffen die Konflikte auf den Osten von Libyen über und es kam zu Kämpfen zwischen Aufständischen und der libyschen Armee.

Unheilige Allianz

Das war der Moment, in dem alte und neue Feinde Gaddafis ihre Stunde gekommen sahen und in der UNO eine unheilige Allianz aus Arabischer Liga und westlichen Regierungen zustande brachten, um den unbequemen Libyer loszuwerden. Der UNO-Sicherheitsrat beschloss am 17. März 2011 – unter Stimmenthaltung von Russland und China – eine «Flugverbotszone» über Libyen.

Die Nato übernahm ab Ende März die sogenannte «Durchsetzung des Flugverbots», was ein kosmetisches Etikett für die rund 26’500 Lufteinsätze war, mit denen die relevante Infrastruktur des libyschen Staates in Grund und Boden bombardiert wurde. Als Begründung hiess es, die Weltgemeinschaft müsse das libysche Volk vor den Angriffen des Diktators Gaddafi schützen. Die gleiche Art der Begründung verwendete man anschliessend bei der verdeckten Intervention in Syrien.

Das Video

Am 20. Oktober 2011 ging ein verwackeltes Handy-Video um die Welt, das das wenige Sekunden von der Ergreifung des libyschen Herrschers in Sirte zeigt. Da ist undeutlich zu sehen, wie der blutig geschlagene Gaddafi von einer schreienden Meute auf einen Pickup-Geländewagen gezerrt wird. Die Sequenz wurde über den Pool der European Broadcasting Union (EBU) in Genf an alle Sender der Eurovision-News und ihre assoziierten Sender ausserhalb Europas verteilt.

Ich sah die schockierenden Bilder damals im Newsraum der SRF-Tagesschau und fragte mich, ob sie der eisernen Zensur der Nato-Einsatzzentrale in Neapel entgangen waren. Diese wusste während des gesamten Libyen-Krieges äusserst effizient zu verhindern, dass Fernsehbilder von den Trümmern und den Opfern der Nato-Luftangriffe publik wurden. Die TV-Sendeanlagen der libyschen Regierung waren zu diesem Zweck kurz nach Kriegsbeginn in Schutt und Asche gelegt worden.

Vergoldete Pistole

An jenem 20. Oktober 2011 wurde über denselben EBU-Satelliten eine weitere Handy-Aufnahme verbreitet, die offenbar eine Szene kurz nach Gaddafis Ermordung zeigt. Man sah dort, wie ein Mann in einer vor Erregung rasenden Menge eine vergoldete Pistole schwingt, die vermutlich Gaddafi entwendet wurde. Der Mann schrie, wenn meine Erinnerung nicht trügt, auf arabisch, er habe ihn getötet.

Wer heute auf Wikipedia geht, der findet dazu nur die lakonische Angabe, die genauen Todesumstände Gaddafis «wurden nicht aufgedeckt und bleiben ungeklärt». Zum gesamten Verlauf des Libyen-Krieges von 2011 erfährt man von Wikipedia sehr viele Details, aber nichts, was auch nur im Geringsten von der offiziellen Version abweicht, die sich die Regierungen, die damals Libyen bombardierten, zu eigen gemacht haben. Von Gaddafis Währungs-Projekt liest man kein Wort auf Wikipedia.

Mutmassliche Kriegsverbrechen

Gaddafi wurden mutmassliche Kriegsverbrechen vorgeworfen. Von der Behauptung, er habe einen Massenmord unter der Bevölkerung im Osten des Landes geplant, bis zur Behauptung, Gaddafi habe seinen Soldaten «systematische Vergewaltigungen» befohlen, fand jede Propaganda-Story breites Echo in den Medien.

Das Meiste davon stellte sich später als Fake heraus, doch dies ist Wikipedia keiner Erwähnung wert. Auf die weltweit dominierende Internet-Enzyklopädie ist kein Verlass, sobald es um die Interessen mächtiger Konzerne und Regierungen geht. Professionelle Lobbyisten wirken dann als Autoren unter anonymen Benutzerkonten, um PR zu verbreiten und Unliebsames zu löschen.

Die 50 Millionen Euro

In dem Puzzle, das den Libyen-Krieg abbildet, gibt es ein Element, das die Sonntagspredigten der westlichen Wertegemeinschaft in ein schlechtes Licht rückt: Der libysche Herrscher, der mit Pauken und Trompeten im Elysée in Paris empfangen wurde, von Frankreich Kampfjets kaufte und an französischen Atomreaktoren interessiert war, soll 2007 dem Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy 50 Millionen Euro an illegaler Wahlkampfspende gegeben haben.

Französische Staatsanwälte ermitteln bis heute, die Beweise sind erdrückend. Der ehemalige libysche Erdölminister Schukri Ghanim, der den Sachverhalt bestätigen konnte, wurde am 29. April 2012 als Leiche in der Donau treibend gefunden. Sarkozy war der erste, der Libyen bombardieren liess, als im März 2011 die «Flugverbotszone» beschlossen war. Insider der libyschen Opposition haben ausgesagt, die Ermordung von Muammar al-Gaddafi sei von französischen Geheimdienstleuten gesteuert worden.

Es geht um die Dollar-Herrschaft

Was auch immer über Demokratisierungs-Missionen und Menschenrechts-Engagement gepredigt wird, der neue Kalte Krieg ist ein Krieg um globale Marktanteile und die Dollar-Herrschaft. Länder wie Russland, Venezuela, Iran oder Afghanistan, deren Auslandreserven von USA und EU eingefroren wurden, werden sich nach anderen Möglichkeiten der Eigentumssicherung umsehen. Die Rivalität zwischen China und den USA sowie die Sanktionen gegen Russland werden die Talfahrt des Dollar beschleunigen. Das hat sogar schon der Internationale Währungsfonds eingeräumt.

Wahrscheinlich ist, dass es dem Dollar ergehen wird wie einst der griechischen Drachme und dem römischen Denarius. Falls aber der Krieg in der Ukraine in einen Atomkrieg eskaliert, wäre das Nachdenken darüber unerheblich geworden.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Infosperber

Quelle: https://www.infosperber.ch/politik/libyen-warum-gaddafi-beseitigt-wurde/

Helmut Scheben © zvg

 

Kundgebung am 25. Februar 2023, 14 Uhr, am Brandenburger Tor in Berlin

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Es muss etwas passieren! Jetzt.

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.

Darum haben Alice Schwarzer, Sahra Wagenknecht und Brigadegeneral a. D. Erich Vad für den 25. Februar 2023 einen Protesttag ­initiiert: eine Kundgebung am Brandenburger Tor.

Alle, die es nach Berlin schaffen, sollten an diesem Samstag, den 25. Februar, ab 14 Uhr dabei sein: bei der Kundgebung am Brandenburger Tor, wo wir gemeinsam ein starkes Zeichen für den Frieden setzen wollen. *)

Jeder Tag, den wir durch Verhandlungen für den Frieden gewinnen, rettet Menschenleben – und vielleicht sogar die Welt. Kommt bitte alle zahlreich, denn nur gemeinsam können wir ein starkes Zeichen für den Frieden setzen.

So kannst Du aktiv mitmachen!

Hier kannst Du spenden!

Wir bitten herzlich: Unterschreibt alle das Manifest (www.change.org/p/manifest-für-frieden)! Das ist wichtig, auch über den 25. Februar hinaus. Wichtig ist ebenfalls, den Aufruf zu teilen und diesen unter dem Hash-Tag #aufstandfuerfrieden zu verbreiten.

Wenn Ihr einen eigenen Bus organisiert und damit anreist, teilt uns das bitte mit, dann wird ein Parkplatz organisiert. Und wir vermitteln Mitreisende, die sich bei uns melden, an euch.

Aktuell werden auch noch Ordner gesucht. Für beides könnt Ihr uns ganz einfach per E-Mail schreiben an: kontakt@aufstand-fuer-frieden.de

*) Auf der Demo gilt folgender Konsens: Wir bitten auf das Mitbringen von Parteifahnen und Nationalfahnen jeder Art zu verzichten. Rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole haben auf unserer Kundgebung keinen Platz.

 

Manifest für Frieden

Heute (am 10. Februar 2023) ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten ­wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.

Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange noch soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen. Im Ernst?

Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis. Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe – um Russland auf ganzer Linie zu besiegen? Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?

Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.

Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, ­weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom ­deutschen Volk wenden“.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht am 10. Februar 2023

Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München

Verhandeln statt Schießen – Abrüsten statt Aufrüsten

Demonstration Samstag, 18. Februar 2023

Wir mobilisieren gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz (SIKO), die vom 17. bis 19. Februar 2023 in München stattfindet. Dort treffen sich Staats- und Regierungschefs sowie Politiker*innen mit Spitzenmilitärs, mit Vertreter*innen von Großkonzernen und der Rüstungsindustrie. Die NATO-Staaten geben dort den Ton an. Ihnen geht es um die Sicherung der strategischen Vormachtstellung westlicher kapitalistischer Staaten und ihrer Konzerne, nicht um die Sicherheit der Menschen, weder hier noch anderswo auf der Welt. Die SIKO dient vor allem dazu, sich über eine gemeinsame Strategie der NATO-Staaten gegen die Rivalen Russland und VR-China zu verständigen. Vor allem aber soll die Aufrüstung der NATO vorangetrieben und gerechtfertigt werden.

Gegen jeden Krieg

Im Gegensatz zu unseren Regierungen, die die Kriege der NATO-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen etc. gerechtfertigt und unterstützt haben treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt gegen andere Länder ein. Deshalb verurteilen wir den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Annexion ukrainischen Territoriums. Der Krieg hat bereits zu zehntausenden Toten und Verletzten, zu ungeheuren Zerstörungen und Millionen Geflüchteten geführt. Dieser Krieg droht immer weiter zu eskalieren und kann in einer Katastrophe mit dem Einsatz von Atomwaffen enden.

Zur Vorgeschichte gehört: 2014 hatten die Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk im Donbas ihre Unabhängigkeit erklärt, weil sie den auf die Maidan-Proteste folgenden rechten Putsch nicht mitmachen wollten. Seitdem versucht die ukrainische Regierung, diese Gebiete mit militärischer Gewalt zurückzuerobern. Zur Vorgeschichte gehört insbesondere die massiv vorangetriebene NATO-Osterweiterung, die Aufkündigung aller gemeinsamer Rüstungsbegrenzungsabkommen durch die USA und die beabsichtigte Aufnahme der Ukraine in die NATO. Das alles wurde von Russland als zunehmende Bedrohung wahrgenommen. Von Russland geforderte Sicherheitsgarantien wurden von der NATO rundweg abgelehnt. Dieser von uns seit Jahren kritisierte Konfrontationskurs rechtfertigt auf keinen Fall den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Der Krieg in der Ukraine muss beendet werden.

Wir treten ein:
• Für einen sofortigen Waffenstillstand und für Verhandlungen! Die einzige Alternative zum Krieg ist eine Verhandlungslösung. Immer mehr westliche Waffenlieferungen beenden nicht den Krieg, ebenso wenig wie die Fortsetzung der Kriegshandlungen Russlands.
• Für gegenseitige Sicherheitsgarantien für Russland und die Ukraine 
Ein Beitritt der Ukraine in die NATO muss ausgeschlossen werden und Russland muss die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine garantieren.
• Für die Beendigung aller Wirtschaftssanktionen! Sie sorgen vor allem im Globalen Süden, aber auch in Europa und Russland für Armut, Hunger und Tod, während die Kriegstreiber meist unversehrt bleiben.;
• Wir sind solidarisch mit den Friedenskräften, den Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Russland und der Ukraine.

Stoppt die Aufrüstung Deutschlands und der NATO

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dient jetzt als Vorwand für ein gigantisches, seit langem geplantes Aufrüstungsprogramm. Die Militärausgaben Deutschlands sollen in den kommenden Jahren, zusammen mit dem jährlichen Anteil aus dem 100 Mrd. „Sondervermögen“ zur Aufrüstung der Bundeswehr, von 50,3 auf rund 70 bis 80 Mrd. Euro jährlich ansteigen. Deutschland katapultiert sich damit auf den dritten Platz bei den weltweiten Rüstungsausgaben.

Wir treten ein für Abrüstung und eine Politik der Entspannung

Wir fordern: 
• Statt Milliarden für die klimaschädliche Aufrüstung, Investitionen in den Klimaschutz, die UN-Flüchtlings-und Welthungerhilfe, in die Sozialsysteme, das öffentliche Verkehrs- und Gesundheitswesen, in Bildung und Kultur      
• Für die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, den Austritt Deutschlands aus dem NATO-Kriegsbündnis und allen Militärstrukturen der EU       
• Keine Anschaffung von bewaffneten Drohnen       
• Keine US-Kampfflugzeuge für den Einsatz der in Deutschland stationierten Atomwaffen
• Schluss mit der deutschen Beihilfe zu völkerrechtswidrigen Angriffskriegen und zum illegalen Drohnenkrieg, der über die US-Airbase Ramstein geführt wird.
• Für die Schließung aller US-Truppenstützpunkte und aller Kommandozentralen der USA und NATO in Deutschland
• Schluss mit der deutschen Beteiligung an der Atomkriegsstrategie der USA durch die sog. Nukleare Teilhabe. Die Bundesregierung muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und die Stationierung der US-Atomwaffen in Büchel aufkündigen.

Deutsche Rüstungsexporte verbieten

Deutschland liegt bei den Rüstungsexporten weltweit auf dem skandalösen vierten Rang. Kunden deutscher Waffenlieferanten sind diktatorische und kriegführende Staaten. Dazu gehört die Türkei, die einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt und völkerrechtswidrig nordsyrische Gebiete besetzt und bombardiert, um das demokratische, emanzipatorische Projekt in Rojava zu zerschlagen. Beliefert wird auch Saudi-Arabien für seine brutalen Angriffe gegen den Jemen.
• Die todbringenden Geschäfte der Waffenhändler und Kriegsprofiteure müssen unterbunden werden, ebenso die Lizenzvergabe und die Verlagerung der Rüstungsproduktion ins Ausland.

Internationale Zusammenarbeit statt Konfrontation

Weltweit haben die Militärausgaben inzwischen die astronomische Summe von 2.100 Mrd. Dollar erreicht. Davon entfallen allein 1.190 Mrd. Dollar auf die NATO-Staaten. Das sind 18-mal so viel wie die Ausgaben Russlands und 4-mal so viel wie die Chinas. Ein Bruchteil dieser Milliarden würde ausreichen, um den weltweiten Hunger zu beenden, allen Menschen medizinische Versorgung und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen können nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz und nicht durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation.
Um die größte Herausforderung unserer Zeit, die Klimakatastrophe aufzuhalten, sind internationale Kooperation und Investitionen in Billionenhöhe nötig. Doch selbst die völlig unzureichenden Reparationszahlungen an die armen Länder des Südens für Klimaschäden werden nicht eingehalten.       
• Schluss mit der ökonomisch und militärisch erzwungenen Ausbeutung des globalen Südens!

Fluchtgründe beseitigen statt Flüchtende bekämpfen    

Kriege, Klimawandel, Armut, politische Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen treiben Millionen Menschen zur Flucht. Nur wenige von ihnen erhalten in Deutschland Schutz. Die Bundesregierung ist für die meisten dieser Fluchtgründe mitverantwortlich. Ungerechte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Sanktionen und Krieg zerstören die Lebensgrundlagen in den Ländern des Globalen Südens. Doch Deutschland und die EU schotten sich ab, treiben Flüchtende unter Missachtung der Menschenrechte illegal zurück und lassen jedes Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken. Damit finden wir uns nicht ab.

• Schluss mit dieser zerstörerischen Politik!
Unsere Solidarität gehört allen Flüchtenden. Wir begrüßen die unkomplizierte Aufnahme der Menschen, die aus der Ukraine flüchten, fordern dies aber auch für alle anderen, die aus ihren Heimatländern fliehen müssen.
• Frontex abschaffen, die Bekämpfung von Geflüchteten beenden! Kein Mensch ist illegal!

Geht mit uns auf die Straße für Abrüstung und gegen Kriegsvorbereitung, für weltweite soziale Gerechtigkeit, für Solidarität mit den Flüchtenden und für einen demokratischen, sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft.
Engagiert Euch – werdet aktiv, denn Friedenspolitik, Abrüstung und konsequenten Klimaschutz wird es nur durch wachsenden gesellschaftlichen Druck und eine starke außerparlamentarische Bewegung geben.

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz
www.sicherheitskonferenz.de oder
www.antisiko.de

 

 

Wir haben es satt! - Aufruf 2023

Gutes Essen für alle – statt Profite für wenige!

Zusammenstehen für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft, für Klima-, Tier- und Umweltschutz, für globale Gerechtigkeit und gesundes Essen für alle
Viel zu wenig Regen, trockene Böden und schlechte Ernten – die Klimakrise wird auch bei uns immer bedrohlicher. Die Wachstumslogik und politische Fehlentscheidungen sind verantwortlich für das Überhitzen des Planeten und das dramatische Artensterben. Viele Höfe müssen dichtmachen, während weiter große Tierfabriken genehmigt werden. Weltweit wächst der Hunger und auch hierzulande wissen viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollen.

Wir kämpfen für die sozial-ökologische Transformation. Sie ist die Antwort auf die vielfältigen Krisen. Klar ist: Ohne Agrar- und Ernährungswende verfehlen wir krachend das 1,5-Grad-Ziel und damit globale Klimagerechtigkeit. Alle Menschen müssen sich gesunde Lebensmittel leisten können. Bauernhöfe, Bäckereien und das Lebensmittelhandwerk brauchen faire Preise.

Wir haben Konzerne satt, die mit dem Hunger in der Welt ihr Geschäft machen. Investmentfonds verdienen an der Spekulation mit steigenden Nahrungsmittelpreisen. Agrar-, Lebensmittel- und Düngerkonzerne wie Cargill, Unilever oder Yara vermelden in der Krise horrende Profite. Supermarktketten mit massiver Marktmacht drehen an den Preisschrauben. Konzerne wie Bayer wollen Agro-Gentechnik auf unsere Äcker und Teller bringen. Das haben wir satt!

Essen ist politisch – für eine gerechte Agrar- und Sozialpolitik!

Wir schätzen die Arbeit aller, die uns mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln versorgen. Gerade in Krisenzeiten sind wir solidarisch und kämpfen für eine gerechte Gesellschaft: mit vielen Bauernhöfen, die ländliche Räume lebendig halten. Mit einer flächengebundenen, artgerechten Haltung von weniger Tieren. Mit fairen, regionalen Versorgungsketten und mehr pflanzlicher Ernährung. Mit gesundem Essen, einer gerechten Verteilung des Wohlstands und einem guten Leben ohne Krieg und Ausgrenzung für alle Menschen weltweit.

Es gibt genug Nahrung, doch sie wird ungerecht verteilt oder verschwendet. Viel zu viel Essen landet als Futter im Trog, Agrosprit im Tank oder Abfall im Müll. Künftig muss gelten: Teller statt Trog und Tank – Lebensmittelverschwendung stoppen! So schützen wir das Klima und alle werden satt.

Für die sozial gerechte Agrar- und Ernährungswende gehen wir im Januar mit Tausenden – pandemiegerecht und entschlossen – auf die Straße. Zu wenig, zu langsam – das ist die Bilanz von einem Jahr Ampel-Koalition. Agrarminister Özdemir muss den Umbau der Landwirtschaft beschleunigen und Finanzminister Lindner die notwendigen Mittel freigeben. Bäuer*innen und Gesellschaft wollen den Umbau, aber Klima-, Tier- und Naturschutz müssen sich für die Höfe lohnen. Der russische Angriffskrieg darf nicht gegen eine nachhaltige Landwirtschaft ausgespielt werden. Dafür erhöhen wir zum Auftakt der weltgrößten Agrarmesse „Grüne Woche“ im Berliner Regierungsviertel den Druck. Wir haben die Krisenprofite satt – für eine globale Agrarwende und gutes Essen für alle!

Wir fordern die sozial-ökologische Transformation:

Höfesterben stoppen:

faire Erzeuger*innenpreise durchsetzen und Bauernhöfe beim klima- und artgerechten Umbau unterstützen!

Krisengewinne besteuern:

Übergewinnsteuer auch für Agrar- und Lebensmittelkonzerne und viel mehr Unterstützung für Armutsbetroffene!

Klimakrise und Artensterben bekämpfen:

durch Mehrwertsteuersenkung mehr Pflanzliches auf die Teller bringen und pestizidfreie Lebensräume für Insekten sichern!

Bäuerliche Tierhaltung erhalten:

mit weniger Tieren, die dafür deutlich besser gehalten werden! 

Hunger beenden und Agro-Gentechnik stoppen:

Spekulationsverbot für Lebensmittel, gerechter Handel und gutes, gentechnikfreies Essen für alle! 

Wir haben Agrarindustrie satt! - Demo:
Samstag, 21.1.23 | 12 Uhr
Brandenburger Tor | Berlin

Protestdemonstration am Sa., 22.10.2022 in Kiel:

Preise runter – Die Reichen zur Kasse!

drzk demo die preise runter

Angesichts der steigenden Preise im Bereich der existenziell wichtigen Güter Lebensmittel, Energie und Wohnen haben sich verschiedene linke Organisationen zusammengeschlossen und einen Forderungskatalog entwickelt, um soziale Lösungen für die Krisen zu finden. Am 22.10. um 13 Uhr beginnt eine Demonstration auf dem Europaplatz in Kiel, die um ca. 15 Uhr in Gaarden zu einer Zwischenkundgebung auf dem Vinetaplatz ankommen wird. Eine Schlusskundgebung wird anschließend auf dem Alfons-Jonas-Platz in Gaarden stattfinden.
 
Bündnissprecher Martin Plenz kündigt eine breite Mobilisierung an: „Wir leben in Zeiten verschiedener Krisen, die Menschen mit mittleren und geringen Einkommen in Existenznöte treiben. Zu den Folgen der Corona-Pandemie und immer weiter steigender Mieten kommt nun noch eine immer weiter steigende Inflationsrate hinzu. Wir fordern, Maßnahmen zu ergreifen, die die große Mehrheit vor Verarmung schützen und den Klimawandel verlangsamen.“

Wir fordern:
1. Preisstopp auf Lebensmittel, Energie, Mobilität, Wohnraum und Hygieneartikel!
Wir fordern einen gesetzlichen Preisstopp und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die Konzerne sollen es zahlen! Für die Vergesellschaftung von Energiekonzernen, um die Bezahlbarkeit der Grundversorgung dauerhaft zu sichern.

2. Guter, lebenswerter und bezahlbarer Wohnraum für alle!
Die Wohnungskrise spitzt sich immer mehr zu – deswegen fordern wir die Vergesellschaftung von profitorientierten Wohnungskonzernen. Keine Profite mit der Miete! Für einen sofortigen Mieten- und Energiepreisdeckel, die Abschaffung der Strom- und Gassperren und eine Sperre für alle Kündigungen von Mietverträgen zu Lasten der Mieter*innen!

3. Löhne und Sozialleistungen rauf!
Wir fordern den automatischen Anstieg aller Leistungen um mindestens die Inflationsrate, gleiches gilt für die Mindestlöhne! Der gleiche Zugang zu Sozialleistungen für alle Menschen, die hier leben, muss unabhängig vom Pass gewährleistet sein!

4. Keine Profite mit Gesundheit, Energie, Wohnen und ÖPNV! – Vergesellschaftung von gesellschaftsrelevanten Lebensbereichen!
Medizinische Versorgung muss für alle zugänglich sein – Weg mit den Fallpauschalen! Kündigungen des Mietverhältnisses von Seiten der Vermietung müssen während Krisen verboten werden. ÖPNV muss für alle zugänglich sein – Das geht nur, wenn er umsonst ist.

5. Klimaschutz, Wärme-, Verkehrs und Energiewende jetzt!
Für eine bewohnbare Welt muss sämtliche Infrastruktur zur Klimaneutralität hin umgebaut werden – dies muss bezahlt werden aus den Gewinnen der Unternehmen, nicht aus den Taschen der einfachen Menschen!

6. Nein zur Hochrüstung!
Wir sind gegen die Investition von 100 Milliarden in die Bundeswehr! Dieses Geld soll stattdessen für Bildung, Gesundheit, Kommunen und einen sozial gerechten Klimaschutz eingesetzt werden.

7. Internationale Solidarität statt nationale Abschottung!
Wir sagen Nein zum Ausspielen von Armen gegen Ärmere! An der Krise tragen nicht „die Anderen“ die Schuld, sondern das ungerechte System und seine Profiteure. Für globale Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für alle, die hier leben!

8. Reiche zur Kasse!
Wir fordern eine substantielle Erbschafts-, Vermögens- und Übergewinnsteuer! Keine weiteren Subventionierungen für Reiche und Konzerne!

Wir sind ein Bündnis aus linken Gruppen und Organisationen, sowie solidarischen Projekten und Initiativen, das sich im Herbst 2022 im Zuge der Demonstrationen gegen die steigenden Preise für lebensnotwendige Güter gebildet hat.

Zu den UnterstützerInnen gehören:
Attac-Kiel, Rotes Kollektiv Kiel (RKK), Junge GEW Schleswig-Holstein, Die Linke, Deutsche Kommunistische Partei (DKP), „Wer hat, der gibt!“, Initiative Gemeinsam Kämpfen, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), Gewerkschaftliche Hochschulgruppe, Perspektive Solidarität Kiel (PSK), Stadtteilladen Anni Wadle Gaarden, Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, SJD – Die Falken, Landesverband Schleswig-Holstein, Seebrücke Kiel, #IchbinArmutsbetroffen, DGB Jugend SH, Interventionistische Linke

Info und Quelle: www.drzk.org

 
Pressemitteilung zur Aktionskonferenz aus der Friedensbewegung vom 26.2.2022:

Die Waffen nieder! – Nein zum Krieg!


Bei der digitalen Aktionskonferenz aus der Friedensbewegung am Samstag, 26. Februar 2022 mit mehr als 250 Teilnehmenden – der bisher größten dieser Art – bestand nach einer intensiven Diskussion mit großer Beteiligung Einigkeit:


•
Wir verurteilen die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine. Für
Krieg gibt es keine Rechtfertigung. Die jahrelange antirussische
Konfrontationspolitik des Westens, besonders der USA und der NATO
rechtfertigen keinesfalls die militärische Intervention Russlands.

•
Die Bombardierungen und alle weiteren militärischen Aktionen müssen sofort
gestoppt werden. Notwendig ist ein umfassender Waffenstillstand, die
Aufnahme von Verhandlungen und der Rückzug aller Truppen.

•
Waffenlieferungen – auch deutsche – werden den Krieg weiter anheizen und
werden deshalb von uns abgelehnt.

•
Politische Reaktionen des Westens sollten auf die Wiederaufnahme von
Gesprächen gerichtet sein, weiteren Hass und Konfrontation vermeiden und
nicht die Bevölkerung Russlands treffen. Deswegen lehnen wir
Wirtschaftssanktionen ab. Diese treffen im Kern immer die Menschen der
jeweiligen Länder.


Wir wollen als Friedensbewegung weiter aufklären, dass Krieg und Militär keines der
wichtigen Probleme, wie Hunger, Flucht, Klimakatastrophe und soziale Ungleichheit
lösen wird. Unsre Solidarität gilt den vor Krieg und Verfolgung Geflüchteten.

Es gibt auch bei dem Ukraine/Russland-Konflikt nur eine politische Lösung auf der
Basis der Prinzipien der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit. Wir brauchen eine
Stärkung der OSZE.

Wir begrüßen den Vorschlag des ukrainischen Präsidenten, über eine Neutralität
seines Landes zu verhandeln.

Wir wenden uns entschieden gegen die weitere Aufrüstungspolitik der
Bundesregierung u.a. durch die Erhöhung des Militäretats aber auch durch die
weitere EU-Militarisierung.

Lasst uns gegen den Krieg, für eine Politik der gemeinsamen
Sicherheit auf die Straße gehen. 
Krieg löst kein Problem


Deshalb fordern wir:

•
Umgehend Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine

•
Sofortiger Stopp aller Kriegshandlungen

•
keinerlei Waffenlieferungen

•
keine weitere Aufrüstungsrunde

•
Stopp der NATO-Osterweiterung

•
Solidarität mit der Friedensbewegung in Russland und der Ukraine

•
Solidarität mit allen Geflüchteten


Deshalb ruft die Aktionskonferenz dazu auf:

• Bundesweite Aktions- und Protesttage am Wochenende von 4. bis 6. März
•
Ostermärsche zum Signal für Abrüstung und gemeinsame Sicherheit machen

•
Vorbereitung einer bundesweiten Aktion gegen Aufrüstung und Militarismus

•
Verhandlungen zur Lösung der Konflikte in der Ukraine

 
Frankfurt am Main, 27. 2. 2022
initiative „Die Waffen nieder – Nein zum Krieg“

Hugo Braun (Attac), Reiner Braun (International Peace Bureau), Claudia Haydt (Informationsstelle Militarisierung), Ralf Krämer (Sozialistische Linke in der Partei Die Linke), Willi van Ooyen (Friedens- und Zukunftswerkstatt), Christof Ostheimer (Bundesausschuss Friedensratschlag), Peter Wahl (Attac).


https://nie-wieder-krieg.org/

UN-Klimakonferenz:

Zu wenig, zu langsam

Greta Thunberg, Galionsfigur der Fridays-for-Future-Bewegung, hat es in ihrer erfrischenden Art auf den Punkt gebracht. Die diesjährige UN-Klimakonferenz im schottischzen Glasgow hat aus der Sicht der Klimaschützer, der besonders bedrohten Inselnationen und indigenen Gemeinschaften mal wieder herzlich wenig gebracht. Nichts als „Bla, bla, bla“ eben, wie Thunberg es Mitte November auf Twitter zusammenfasste.

(Bild: Das akut von Zerstörung bedrohte Lützerath im Rheinland. Wenn Deutschland seinen fairen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels leisten wiill, muss die Kohle unter dem Dorf in der Erde bleiben.)

Das ist aus der Sicht der Klimaschutzbewegung sicherlich richtig. Der Fortschritt ist in den nun bereits seit über 30 Jahren geführten Verhandlungen noch immer eine Schnecke. Die Erde erwärmt sich Zusehens, inzwischen ist klar, dass sich der Meeresspiegelanstieg beschleunigt und der letzte Bericht des UN-Klimarates, des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, hat unter anderem festgestellt, dass ein Meeresspiegelanstieg um bis zu zehn Meter bis zum Ende des Jahrhunderts möglich, wenn auch äußerst unwahrscheinlich ist.

Aber um einen Meter wird das Meer wohl auf jeden Fall steigen. Im globalen Mittel. In einigen Region kann es auch etwas mehr sein, da sich die Rotation und Schwerkraftfeld durch das Abtauen der Eismassen verändern. Besonders in den Tropen, dort wo viele flache Inselstaaten liegen, wird das Meer überdurchschnittlich steigen.

Doch werfen wir einen Blick in die Abschlusserklärung, um die hart gerungen wurde. Mehr als 24 Stunden wurden die zweiwöchigen Verhandlungen am 14. November überzogen, solange wie selten zuvor bei ähnlicher Gelegenheit. Und derlei gab es schon viele. Bereits zum 26. Male waren die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention, 195 Staaten sowie die EU, zusammengekommen. Conference of Parties heißt das Spektakel, daher die Abkürzung COP26.

Bekenntnisse

Dort, wo es besonders unverbindlich bleibt, in der Einleitung des Textes, sind durchaus beeindruckende Bekenntnisse zu finden: zu den Menschenrechten, zur Ermächtigung der Frauen, zur Solidarität mit den Entwicklungsländern, zu den Rechten indigener Gemeinschaften, zur Notwendigkeit, die Corona-Pandemie gemeinsam zu überwinden und zum „Konzept der Klimagerechtigkeit“, das „für einige wichtig“ sei. Letzteres ist indes verräterische Sprache, denn offensichtlich ist Klimagerechtigkeit nicht für alle wichtig.

Auch fehlt es nicht an Anerkennung der wissenschaftlichen Fakten. „Beunruhigung und äußerste Besorgnis“ drücken die Vertreter der Regierungen und der EU angesichts der Tatsache aus, dass „menschliche Aktivitäten bereits zu einer globalen Erwärmung von 1,1 Grad Celsius geführt haben und die Auswirkungen in allen Regionen gespürt werden“. Mit ernster Besorgnis nehme man zur Kenntnis, dass mit jedem weiteren Anstieg der globalen Mitteltemperatur auch die extremen Wettereignisse und ihr Auswirkungen für Mensch und Natur zunehmen, wie der IPCC in seinem jüngsten Bericht festgestellt habe.

(Grafik: Schon 1,1 Grad Celsius. Dargestellt ist die globale und übers ganze Jahr gemittelte Temperatur, unabhängig von einander mit unterschiedlichen Methoden berechnet von sechs verschiedenen Forschungsgruppen. Die Temperatur ist relativ zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dargestellt. Man sieht also, dass es seitdem bereits um etwa 1,1 Grad Celsius wärmer geworden ist.)


Was das konkret bedeutet, haben wir dieses Jahr zur Genüge gesehen: Schwere Hochwasser in Rheinland und in Belgien mit zusammen über 200 Todesopfern und etlichen Milliarden Euro an Schäden, Trinkwasserunruhen im Iran, eine Rekordhitzewelle im Westen Kanadas und im Nordwesten der USA, die Hunderte tötete und massive Waldbrände beförderte, über 20 Tote nach schweren Hangrutschen in Japan in Folge von dramatischen Wolkenbrüchen, eine erneut äußerst verheerende Waldbrandsaisons im US-Bundesstaat Kalifornien, eine Dürre im Südwesten der USA, massive Waldbrände in Sibirien und rund ums Mittelmeer, eine schwere Hungerkatastrophe im Süden Madagaskars, ausgelöst durch eine Dürre, schwere Überschwemmungen in Kapstadt, auf Sizilien, in Shanghai, in New York und an Chinas Gelben Fluss, wo U-Bahn-Tunnel und -Züge vollliefen, und über eine Million Menschen ihre Häuser verlassen mussten, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Erklärung betont, dass „dringend die Ambitionen und die Maßnahmen in Bezug auf Vermeidung und Anpassung vergrößert werden müssen“, und zwar in diesem Jahrzehnt. Die Lücke „zwischen der derzeitigen Entwicklung und dem Ziel der Konvention“ müsse geschlossen werden. In der Konvention war vor nunmehr 29 Jahren vereinbart wurden, dass „ein gefährlicher Klimawandel verhindert“ werden soll.

Rote Linien

Die Lücke ist in der Tat groß und bleibt es auch nach Glasgow. Die von den Staaten vor und auf der Konferenz vorgelegten Selbstverpflichtungen führen in ihrer Summe immer noch bestenfalls in eine im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um 2,4 Grad Celsius wärmere Welt, wie der Climate Action Tracker errechnet hat.

Und auch nur dann, wenn alles wie versprochen umgesetzt wird. 2,4 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau wäre erheblich wärmer als alles, was die Erde in den letzten 10.000 Jahren seit der letzten Eiszeit und dem Beginn der menschlichen Zivilisation gesehen hat. Das wäre sogar mehr, als in der letzte Warmzeit vor etwa 126.000 bis 115.000 Jahren, von der wir wissen, dass sie erheblich und der Meeresspiegel sechs bis neun Meter höher war.

Eine Erwärmung um 2,4 Grad Celsius – oder 1,3 Grad Celsius vom heutigen Niveau – würde das Überschreiten einer ganzen Reihe von roter Linien bedeuten, wie der IPCC bereits 2018 festgestellt hatte. Seinerzeit hatte im Auftrag der Staaten den Kenntnisstand der Wissenschaft zu der Frage zusammengetragen, was eine Erwärmung um mehr als 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau bedeuten würde.

Das Ergebnis war unter anderem, dass jenseits von 1,5 Grad Celsius die Korallenriffe kaum überleben können, was schwerwiegende Konsequenzen für die Fischerei hätte. Die Riffe sind nämlich in den Tropen die Kinderstube für viele Speisefische. Irgendwo zwischen 1,5 und 2 Grad Erwärmung, so ein anderes Ergebnis, gibt es auch die rote Linie für den Amazonas Regenwald. Wird sie überschritten, verwandelt er sich unweigerlich zur Savanne. Ein unermesslicher genetischer Schatz an Artenvielfalt und ein großer Kohlenstoffspeicher gingen verloren. Schließlich haben die meisten großen Eismassen auf Grönland und in der Antarktis ebenfalls im Bereich zwischen 1,5 und zwei Grad Erwärmung ihre Kipppunkte, an denen sie sich unaufhaltsam destabilisiert würden.
Immerhin wurde aber nicht nur betont, dass diese 1,5-Grad-Grenze wichtig ist und daher „beschleunigte“ Anstrengungen unternommen werden müssen, die globale Erwärmung auf sie zu begrenzen. Um das zu erreichen wurde erstmals ein globales Ziel gesteckt.

Die globalen Emissionen sollen bis 2030 um 45 Prozent des Niveaus von 2010 also um rund 15 Milliarden Tonnen jährlich reduziert werden. Das wäre in der Tat ein erster gewaltiger Schritt, und mit dieser Festlegung gibt es nun immerhin eine Messlatte, sowohl für jeweiligen Selbstverpflichtungen der Länder, als auch für die Politik der jeweiligen Regierungen.

(Bild unten: Der Meeresspiegel steigt. Seit Anfang der 1990er Jahre kann er global mit  Satelliten vermessen werden. Aus den dargestellten Daten ist der Jahresgang entfernt. Über den ganzen Zeitraum stieg der Meeresspiegel durchschnittlich, wie mit der geraden Linie dargestellt, um 3,51 Millimeter pro Jahr. Doch der Anstieg beschleunigt sich. Zwischen 2013 und 2021 stieg er bereits um 4,4 mm/Jahr. Das war mehr als doppelt so schnell wie in den 1990er Jahren.)

Vor der Verantwortung gedrückt

Ansonsten ging es in Glasgow auch viel um Geld. In der Abschlusserklärung wird mit Bedauern festgestellt, dass die reichen Länder bisher nicht ihr Versprechen erfüllen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Anpassung und Klimaschutz in Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen.

Bis 2020 hätte das geschehen soll, war seinerzeit 2015 in Paris vereinbart worden. Nun heißt es, das Ziel solle 2025 erreicht sein, doch zwischenzeitlich wird der Anpassungsdruck und damit der Bedarf größer, häufen sich Dürren und extreme Niederschläge, werden die von Klimawandel bedingten Unwettern angerichtet Schäden größer.

Das wird auch in der Abschlusserklärung hervorgehoben, dennoch gab es um den Punkt „Loss and Damage“ („Verlust und Schaden“) viel Streit. Die reichen Ländern haben sich mit Händen und Füßen gegen eine Verpflichtung gewehrt, hier zu helfen.
Freiwillig sind sie bereit ein wenig zu geben. Nicht genug, aber ein bisschen. Insbesondere, wenn man nebenbei noch ein Geschäft machen kann. Aber um jeden Preis wollten sie einen Präzedenzfall verhindern, der das Verursacherprinzip in die Klimaverhandlungen eingeführt hätte.

Dieser Punkt wird in den kommenden Jahrzehnten sicherlich an Brisanz gewinnen und ist auch ein wichtiger Punkt für die Klimabewegung in den Metropolen. In manchen Ländern mit geringer Wirtschaftskraft können Unwetterschäden, Dürren und Meeresspiegelanstieg sich zu nationalen Katastrophen auswachsen. Daher ist es wichtig, dass das Verursacherprinzip in den internationalen Beziehungen durchgesetzt wird, und dass Deutschland zu seiner historischen Verantwortung einsteht, wie es Fridays for Future von der neuen Bundesregierung einfordert.

(Bild: Garzweiler II. Ein gewaltiges Loch in der Landschaft. Mehrere hundert Meter tief wird hier auf der Suche nach Braunkohle gegraben. Deutschland ist der weltweit größte Verbraucher dieses klimaschädlichsten aller Brennstoffe.)

Was tun?

Wie könnte nun die Reduktion der globalen Emissionen aussehen. Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Kohle. Nach langem Streit hat man sich darauf geeinigt, dass ihr Verbrauch schrittweise verringert werden soll („downphasing“). Gegen die Festlegung auf den vollständigen Ausstieg („outphasing“) sollen sich dem Vernehmen nach China und Indien gesperrt haben. Ansonsten haben sich die beiden asiatischen Giganten festgelegt, ihre Wirtschaft bis 2060 (China) bzw. 2070 (Indien) auf Klimaneutralität zu trimmen.

Hierzulande wird man vermutlich versuchen, sich auf den bereits formulierten Klimaschutzzielen auszuruhen. Zieht man von den aktuellen deutschen CO2-Emissionen 45 Prozent des Niveaus von 2010 ab, kommt man in etwa auf die im Klimagesetz für 2030 anvisierten, knapp 440 Millionen Tonnen CO2-Emissionen (2019 waren es noch etwa 720 Millionen). Doch das ist immer noch viel zu viel. (Siehe Kasten.) Deutschland müsste rascher reduzieren, wenn es seinen gerechten Teil zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beitragen will.

Das würde bedeuten, dass bis 2030 nicht nur der Kohleausstieg vollzogen sein müsste, was im Vergleich zu 2019 etwa 160 Millionen Tonnen im Jahr weniger an CO2 bedeuten würde. Es müssten auch noch die Emissionen des Verkehrs und der Industrie binnen zehn Jahren deutlich mehr als halbiert werden, wobei die Reduktion danach rasch weiter gehen muss.

(Bild: Ein riesiger Bagger frisst sich auf Lützerath zu, das RWE unbedingt abreißen will. Demos und ein Protestcamp versuchen, dies zu verhindern. Ein Bauer klagt, weil RWE seinen Hof bekommen soll, noch bevor das Enteignungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.)

Vergesellschaften

Das ist nicht nur organisatorisch eine Mammutaufgabe, die ohne weitgehende staatlich Eingriffe kaum möglich sein wird. Das wird auch auf erhebliche Widerstände seitens der Energiekonzerne und weiter Teile der Industrie stoßen, die zudem versuchen werden, die Zukunftsängste vieler Menschen für sich auszunutzen.

Natürlich wird an diesem Punkt so klar wie selten, dass es in der kapitalistischen Ökonomie immer nur um den Gewinn geht und Gesundheit und Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung keine Rolle spielt. Auch nicht das Leid, dass schon heute durch die Klimakrise verursacht wird.

Aber statt darüber lang zu lamentieren, sollte die Linke sich schleunigst Gedanken über eine Gegenstrategie machen. Natürlich müssen die erneuerbaren Energieträger und auch Bahn und ÖPNV massiv ausgebaut werden. Die Energieversorgung muss möglichst dezentral gestaltet werden, aus Gründen der Versorgungssicherheit, der demokratischen Kontrolle und um in den Kommunen Einkommen und Steuereinnahmen zu schaffen. Tatsächlich kann die Energiewende einen wichtigen Beitrag zur Hebung der Lebensqualität auf dem Land liefern.

Aber was ist mit den Unternehmen. Eigentlich sind Mobilität und Energieversorgung Teil der Daseinsvorsorge und gehören ohnehin in die öffentliche Hand. Leag und RWE halten schon jetzt die Hand auf und sollen für den Ausstieg auch noch entschädigt werden. Außerdem werden sie sicherlich versuchen, die sogenannten Ewigkeitskosten der Braunkohle – Renaturierung, Sicherung der Bergbauseen etc. – der Allgemeinheit zu überlassen. Da kann man sie doch auch gleich verstaatlichen, zerlegen, für die Energiewende umbauen und allen Beschäftigten dabei eine Arbeitsplatzgarantie aussprechen.

Ähnlich sollte zumindest ein Teil der Automobilindustrie verstaatlicht werden, damit Betriebe im Zuge der Umrüstung auf Elektroautos nicht zerschlagen werden, sondern ihre Infrastruktur und das wertvolle Know-how der Beschäftigten für die Energiewende und den massiven Bau von Schienenfahrzeugen und Bussen genutzt wird. Statt wieder und wieder in Krisen den Konzernen Dutzende Milliarden Euro zu schenken, könnte das Geld auch genutzt werden, um die Mitarbeiter direkt abzusichern, ihre Arbeitszeit zu verkürzen und die Unternehmen unter öffentlicher Kontrolle umzubauen.

Der Berliner Volksentscheid DW-Enteignen hat gezeigt, dass die Vergesellschaftung von Konzernen durchaus mehrheitsfähig sein kann und es wäre nachdenkenswert, wie diese Erfahrung für die Klimaschutzbewegung nutzbar gemacht werden könnte. Die gemeinsamen Aktionen von Fridays for Future mit der Belegschaft eines von der Schließung bedrohten Betriebs von Bosch in München war in diesem Zusammenhang ein erfreulicher Anfang. (wop)


Das kleine Deutschland

„Deutschland kann mit seinen lediglich zwei Prozent Anteil an den Treibhausgasemissionen doch nicht das globale Klima retten.“ So lautet eines der bei Zauderern und Gegnern des Kohleausstiegs, bei Menschen, die mit ihrem Auto verwachsen scheinen, beliebten Argumente. Selbst von FDP-Politikern, den Profis, denen wir den „technologieoffenen“ Klimaschutz überlassen sollen, ist derlei noch in jüngster Zeit zu hören gewesen.
Natürlich ist das Argument, wie so viele andere in dieser seit mindestens 30 Jahren geführten Debatte, vorgeschoben, dient lediglich dazu, die wirtschaftlichen und politischen Interessen zu kaschieren. Zu groß ist noch immer die Macht der mit der Landespolitik verwobenen Konzerne wie RWE oder noch größer des Automobilsektors, der durch die Ausrichtung aller Verkehrswege auf die Nutzung des privaten Pkw, einen erheblichen Teil der Bevölkerung in Geiselhaft genommen hat.
Dennoch lohnt es sich kurz einen Blick auf die vielen Aspekte zu werfen, unter denen das oben angeführte Scheinargument falsch ist. Zum einen ist Deutschland innerhalb der EU der größte Treibhausgasemittent. Mehr als doppelt so viel CO2 wie in Polen, Italien oder Frankreich wurden hierzulande 2019 in die Luft geblasen. Auch im weltweiten Vergleich stoßen nur sehr wenige Staaten mehr Klimagase aus. Soll die Klimakrise eingedämmt werden, müssen die Emissionen weltweit eingestellt werden. Nicht nur die der aller größten Emittenten.
Zum zweiten werden in Deutschland jährlich pro Kopf 8,7 Tonnen CO2 in die Luft gepustet. Im globalen Durchschnitt sind es hingegen nur 4,6 und in China und Indien, auf die so gerne mit dem Finger gezeigt wird, 7,6 bzw. 1,4 Tonnen pro Kopf und Jahr. Zum Dritten importiert Deutschland sehr viele Lebensmittel und Konsumgüter. Die bei deren Produktion anfallenden Emissionen werden anderen Ländern zugerechnet, gehen aber eigentlich auf unser Konto.
Zum vierten schließlich ist das „kleine Deutschland“ historisch betrachtet der sechstgrößte Treibhausgassünder. Nur die USA, China, Russland haben in ihrer Geschichte mehr CO2 verursacht. Rechnet man diese historischen Emissionen auf die Bevölkerung um, so kommen auf jeden heute lebenden Deutschen etwas mehr als Tausend, auf jeden Chinesen jedoch nur rund 150 Tonnen CO2.
Dazu muss man wissen, dass nur rund die Hälfte des durch die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdölprodukten sowie in der Zementproduktion und durch Entwaldung freigesetzte CO2 von den Ozeanen und der Biosphäre aufgenommen wird. Der Rest verbleibt hingegen für einige Jahrtausende dort. Mit anderen Worten: Das Klimagas reichert sich dort an. Von 270 ppm (parts per million, Teile pro Million) ist der CO2-Gehalt der Luft inzwischen auf rund 415 ppm angestiegen.
Nun ist in Glasgow vereinbart worden, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent des Niveaus von 2010 also um rund 15 Milliarden Tonnen jährlich reduziert werden sollen. Für Deutschland würde eine solche prozentuale Reduktion in etwa dem im Frühjahr im Klimaschutzgesetz fixierten entsprechen. Wir würden damit also lediglich einen durchschnittlichen Beitrag leisten und außer Acht lassen, dass Deutschland als Industrieland eigentlich Platz für Entwicklungsländer lassen müsste, wie es 1992 in der Klimarahmenkonvention vereinbart worden war.
Wenn wir uns mit unserem bestehenden Klimaschutzziel begnügen, bliebe unberücksichtigt, dass für den hiesigen Konsum im erheblichen Umfang Treibhausgase in anderen Ländern freigesetzt werden. Außerdem würden die Emissionen eines zum Brötchen kaufen genutzten SUV mit denen eines für die Bewässerung in der Sahel-Zone oder für die Versorgung einer Dorfambulanz in Kenia genutzten Dieselgenerator gleichgesetzt. (wop)

1. September 2021 - Antikriegstag zur Bundestagswahl 2021

Entspannung statt Konfrontation!

Antikriegstag-Kundgebung:
Mittwoch, 1. September 2021
18 Uhr, Europaplatz, Kiel

Für Friedensbewegung und Gewerkschaften ist der Antikriegstag ein besonderer Tag der Mahnung: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Er ist für uns ein Tag des Erinnerns daran, dass Deutschland angesichts der Menschheitsverbrechen der Nazis besondere Verantwortung für den Frieden trägt. Für uns steht fest: Wenn wir künftig friedlich und sicher zusammenleben wollen, brauchen wir eine Politik, die auf Abrüstung und Entspannung setzt, statt auf Aufrüstung und Abschreckung. Und wir brauchen eine Bundesregierung, die sich dafür mit aller Entschlossenheit einsetzt. Die Weichen dafür werden bei der Bundestagswahl gestellt!
Deutschland steht auf dem siebten Platz der Länder mit den größten Rüstungsausgaben. Unter den Top-Ten-Staaten weist der deutsche Verteidigungshaushalt mit einem Plus von über fünf Prozent die größten Zuwachsraten auf. Für das laufende Jahr liegt er bei knapp 47 Milliarden Euro. Und wenn es nach der scheidenden Bundeskanzlerin ginge, sollte Deutschland bis 2030 die NATO-Zielvorgabe erfüllen und zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben. Dies entspräche einer weiteren Erhöhung des Wehretats um mehr als 20 Mrd. Euro.
Mit der neuen „NATO 2030“-Strategie soll der Weg in zu einer Interventionsallianz für Militäreinsätze außerhalb des Bündnisgebiets bereitet werden. Durch eine Stärkung der nuklearen Abschreckung und durch Pläne für eine stärkere militärische Präsenz im indopazifischen Raum setzt die NATO gezielt auf Konfrontation gegenüber Russland und China. Die Entsendung der Fregatte Bayer in das südchinesische Meer ist Ausdruck der weltweiten militärischen Ambitionen der Bundesrepublik.
Es ist höchste Zeit, das Ruder herum zu reißen! Wir benötigen die Rüstungs-Milliarden dringend für andere Zwecke, u.a. im Gesundheitswesen, für den Klimaschutz, zur Bekämpfung der weltweiten Fluchtursachen. Im Zuge der Corona-Krise haben sich die sozialen Ungleichheiten und die Verteilungskonflikte in unserem Land und weltweit verschärft. Auch jenseits der Auswirkungen der Pandemie zeigt sich, wie sehr wir auf einen starken und solidarischen Sozialstaat angewiesen sind, der über solide Finanzierungsgrundlagen verfügt.
Gleichzeitig leben wir, getrieben durch den Klimawandel und durch rasante Fortschritte bei der Entwicklung und dem Einsatz digitaler Technologien, in einer Zeit gewaltiger Umbrüche. Eine sozial gerechte, ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich vernünftige Gestaltung der damit verbundenen Transformation unserer Gesellschaft wird uns nur mit Hilfe massiver Zukunftsinvestitionen gelingen.
Deshalb nehmen wir die nächste Bundesregierung in die Pflicht: Wir erwarten von allen an der Regierung beteiligten Parteien, dass sie klar Position beziehen – für Abrüstung und Entspannung. Am Antikriegstag wollen wir für die Bundestagswahl ein deutliches Zeichen. Beteiligt Euch! Was wir wollen, ist eine neue Politik der gemeinsamen Sicherheit.

Bundestagswahl 2021:
Abrüstung und Entspannung wählen!

Unsere friedenspolitischen Wahlprüfsteine:

- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Bundesrepublik dem UN-Atomwaffenverbot beitritt?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die nukleare Teilhabe Deutschlands beendet wird und keine neuen Atomwaffen-Trägerflugzeuge angeschafft werden?
- Werden Sie eine Erhöhung der VerteIdigungsausgaben auf das 2-Prozent-Ziel der NATO ablehnen?
- Werden Sie sich für ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz einsetzen, damit der Export von Kriegswaffen grundsätzlich verboten wird?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Bundeswehr auch zukünftig keine bewaffneten Drohnen erhält?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass aus Deutschland keine Menschen in Krieg und Überlebensnot abgeschoben werden?

Antikriegstag-Kundgebung:
Mittwoch, 1. September 2021 18 Uhr, Europaplatz Kiel

Mit
• Frank Hornschu, DGB Kiel Region
Abrüstung statt aufrüsten
• Christiane Petersen, Landesvorstand GEW Bundeswehr in die Schulen? Nein!
• Martin Link, Flüchtlingsrat S-H
Krieg - Flucht - Abschiebung
• Siegfried Lauinger
Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen!
• Fridays for Future Kiel
Klimaschutz statt Aufrüstung
• Jan Birk, Büchel-Aktivist
im Gespräch mit Benno Stahn

Moderation: Thore Steinigeweg, DFG-VK/Kieler Friedensforum
Musik: Albino (politischer Rap)

Wir rufen zur Kundgebung auf:

Kieler Friedensforum; DFG-VK Kiel, DGB Kiel Region; IPPNW Kiel (Ärzte gegen Atomkrieg); ver.di Südholstein; GEW Schleswig-Holstein; Flüchtlingsrat S-H e.V.; Nils Kirsch, Kiel; Attac Kiel; Jan Birk, Vorsitzender Netzwerk Friedenssteuer; Die Linke Kiel; Aufstehen - Ortsgruppe Kiel; DKP Kiel, VVN-BdA KV Kiel; marxistische linke Kiel; Fridays For Future Kiel.

(Verantwortlich: Kieler Friedensforum)

Aufruf zum Ostermarsch 2021:

Weltkriegsgefahren entgegentreten – für Frieden und Entspannung

OM Kiel Handzettel 2021 web

Die Coronakrise darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die stetige Aufrüstung die Gefahr eines großen Krieges verschärft. Dagegen hilft nur, an einer wirkungsvollen Friedenssicherung und Kriegsprävention zu arbeiten. Die Bundestagswahl im September 2021 muss ein wichtiger Bezugspunkt für Entspannung und Friedenssicherung sein.

22. Juni 2021: 80 Jahre Überfall auf die Sowjetunion

Der Überfall deutscher Truppen auf die damalige Sowjetunion am 22. Juni 1941 darf nicht vergessen werden. Dieser von den Nazis als „Weltanschauungskrieg“ bezeichnete Krieg war in Wirklichkeit ein Vernichtungskrieg, der etwa 50 Millionen Menschen der damaligen Sowjetunion das Leben kostete. Die Lehre aus diesem Krieg kann nur sein: Nie wieder Faschismus - nie wieder Krieg!
Den Wandel zum Frieden einleiten bedeutet Entspannung und Abrüstung statt atomaren Wettrüstens, Anschaffung von Kampfdrohnen, steigenden Waffenexporte in Spannungsgebiete. Sich ausbreitende Kriege, zunehmende NATO-Manöver, insbesondere an der Grenze zu Russland, die ökologische Zerstörung durch Militär und Kriege müssen gestoppt werden.
Die Bundestagswahl 2021 stellt Weichen für eine Entscheidung von existenzieller Reichweite. 
Wir wollen nicht, dass auf Jahrzehnte hinaus die deutsche Luftwaffe mit 30 atomwaffenfähigen Militärjets ausgestattet wird, um damit von Deutschland aus US-Atombomben präzise gegen Ziele in Russland lenken zu können. Das erhöht nicht nur die Spannungen in Europa gewaltig, sondern auch die Gefahr eines Atomkriegs. Die dafür eingeplanten 30 bis 35 Mrd. Euro, die das Gesamtprojekt einschließlich der Nachfolgekosten zu verschlingen droht, braucht unsere Gesellschaft wahrlich dringender für die Daseinsvorsorge und nicht für die Zerstörung der Zivilisation.

Die Ostsee - ein Meer des Friedens!

Die regelmäßigen Manöver in unserer Ostseeregion sind gegen Russland gerichtet und machen eine Entspannungspolitik unmöglich. Mit der Wiederbelebung alter Feindbilder muss Schluss sein. Stattdessen sollten Entspannungspolitik und freundschaftliche kooperative Beziehungen mit Russland das Gebot der Stunde sein. So wie es 1990 in der Charta von Paris von allen europäischen Staaten einschließlich Russland, den USA und Kanada gemeinsam formuliert wurde: „Das Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas ist zu Ende gegangen. Wir erklären, dass sich unsere Beziehungen künftig auf Achtung und Zusammenarbeit gründen werden.“

Abrüstung statt Aufrüstung

Wir leben in einer Welt, in der es mehr Konflikte und Kriegshandlungen als zur Zeit des Kalten Krieges gibt. Die Gefährdung der Menschheit und der Natur wächst. Es werden neue Waffen entwickelt, die auch Atomkriege wieder gewinnbar machen sollen. Immer mehr Menschen sind wegen Krieg, Armut und Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen auf der Flucht.

Wir gehen zu Ostern auf die Straße, um eine friedenspolitische Wende in der deutschen Außenpolitik einzufordern. Das heißt für uns:

• Abrüstung statt Erhöhung des Rüstungshaushalts
• Eine gesamteuropäische entmilitarisierte Region statt weiterer Konfrontationspolitik gegenüber Russland
• Einhaltung des Völkerrechts und Stärkung der UNO statt illegaler Kriege durch NATO-Länder
• Stopp der Rüstungsexporte, weil damit Kriege wie gegen die Kurden in Syrien, im Irak, dem Iran oder durch Saudi-Arabien im Jemen befeuert werden
• Keine bewaffneten Kampfdrohnen für die Bundeswehr! Stopp der US-Drohneneinsätze, die über die US Air Base Ramstein und US-Kommandozentralen in Deutschland geführt werden
• Abzug der US-Atomwaffen in Büchel, Verzicht auf atomare Teilhabe und Unterzeichnung des UN-Vertrages zum Verbot von Atomwaffen durch die Bundesregierung
• Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr

Eine friedenspolitische Wende schafft zugleich finanziellen Raum für ein intaktes Gesundheitssystem, Investitionen in Schulen und Kitas, für den sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, kommunale Infrastruktur, Alterssicherung, ökologischen Umbau und vieles andere. Die Durchsetzung von Frieden, Demokratie und sozialer Sicherheit in einer lebenswerten Umwelt erfordert auch unseren entschiedenen Kampf gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Dafür gehen wir Ostern auf die Straße.

Veranstalter: Kieler Friedensforum
Unterstützer: Attac Kiel, Motorradclub Kuhle Wampe Kiel, DKP Kiel; Zusammenarbeitsausschuss der
Friedensbewegung S-H (ZAA), IPPNW Kiel (Ärzte gegen Atomkrieg), Aufstehen Kiel, DGB Kiel Region
ver.di-Bezirk Südholstein, VVN-BdA KV Kiel, Runder Tisch gegen Rechte Ecken Pries-Friedrichsort, IG Metall Kiel-Neumünster, Deutscher Freidenker-Verband Nord e. V, Die LINKE Kiel, DFG-VK, marxistische linke Kiel, SDAJ Kiel, Omas gegen Rechts in Kiel

An den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein
An die Abgeordneten der Fraktion der CDU
An die Abgeordneten der Fraktion der FDP
 
Betrifft:

Abstimmung über den Antrag zum Atomwaffenverbotsvertrag der SPD-Landtagsfraktion

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Sehr geehrte Damen und Herren!
 
Sie, Herr Günther, sind für das Leben der Ihnen anvertrauten Menschen in Schleswig-Holstein verantwortlich. Sie haben selbst Kinder, für deren Zukunft Sie sich, wie wir alle, vor allem Frieden, Sicherheit und Gesundheit wünschen.
Sie, geehrte Abgeordnete, werden sich sicher ähnlich verantwortlich fühlen für die Menschn in Ihren Wahlkreisen - und sicher auch für Ihre Kinder oder für  Angehörige und Freunde.
Trotzdem, so wurde mir zugetragen, beabsichtigen Sie möglicherweise, sich bei der Abstimmung im Landtag gegen den von der SPD eingebrachten Antrag zur Unterstützung des Atomwaffenverbotsvertrags zu stimmen.
 
Ich schreibe Ihnen, obwohl ich weiß, dass eine Ideologie wie ein starkes Korsett stützt und hilft, eigene Unsicherheit, Skepsis und Ambivalenz zu übertönen und sich in der Identifikation mit den ideologischen Führern bzw. Führerinnen in deremn Gruppe stark zu fühlen und Widersprüche zu verdrängen.
Ich wende mich trotzdem an Sie in der Hoffnung, dass Sie erreichbar sind für Zweifel an der Ideologie der Abschreckung und der dafür nötigen weiteren militärischen Aufrüstung.
Denn Sie begründen Ihre Haltung wie die Bundesregierung hauptsächlich mit der Ideologie der nuklearen Abschreckung und der Überzeugung, dass uns diese 70 Jahre Frieden gesichert habe. 
 
Aber ist die Strategie der Abschreckung wirklich das für die gegenseitige Sicherheit geeignete Mittel?
Unsere zivilen Waffengesetze verbieten, anders als in den USA,  das Tragen von Waffen aus gutem Grund: Denn es ist bekannt, dass bei eskalierenden Konflikten die Gefahr für Leib und Leben der Konfliktpartner umso gefährdeter ist, wenn sie bewaffnet sind.
Dieses Beispiel sagt Ihnen sicher Ihr gesunder Menschenverstand ohnehin, dazu bräuchte es keine Psychoanalytikerin. Trotzdem scheint es, dass Sie auf politischer Ebene entgegen diesem Wissen auf die Strategie der nuklearen Abschreckung setzen, denn uns potentiell Bedrohende verfügten doch über Atomwaffen. deshalb bräuchten wir eben solange auch welche!
Sie könnten als beispiel aus dem zivilen Leben einwenden: "Ja, aber dass Polizisten bewaffnet sind, schützt sie. Polizisten könnten in der Gefahr den "finalen Rettungsschuss" abgeben." Aber was ist, wenn derjenige, durch den sich die Polizisten bedroht fühlen, ebenfalls bewaffnet ist. Würde er, wenn er Angst haben müsste, vom Gegenüber erschossen zu werden, nicht möglichst schnell selbst schiessen? 
 
Wenn ein Täter Geiseln nimmt, gehen die Einsatzkräfte besonders vorsichtig vor und versuchen, durch Verhandlungen den Täter zum Aufgeben zu bewegen. Die Geiseln im Konfliktfall mit Russland, das sind wir, die Zivilbevölkerung! Wir sind die Geiseln und vom Verhalten der uns regierenden Politiker*innen, von Ihnen, abhängig und Ihrer Umsicht oder Ihrem kurzsichtigen Beharren ausgeliefert!
Wir sind darauf angewiesen, dass Sie alles daran setzen werden, auf dem Verhandlungswege Konflikte beizulegen und zwischenstaatliche Konflikte durch Vertrauens-bildende Massnahmen und kooperatives Verhalten möglichst garnicht erst eskalieren zu lassen.
 
Gerade in Europa haben wir doch die historische Erfahrung gemacht, dass durch gegenseitiges Sich-Bedrohen und militärische Aufrüstung verheerende Kriege ausgelöst wurden, während Anerkennung des dem Anderen zugefügten Leids, Übernahme der Verantwortung dafür und Bitte um Vergebung Versöhnung möglich machte. Diesen Weg haben wir mit der ehemaligen Sowjetunion kaum genutzt. In Europe führte wirtschaftliche Zusammenarbeit, Verträge und Kooperation sowie Jugendaustauschprogramme zur Überwindung von Feindbildern und schließlich zu einem vereinigten Europa, das dafür den Friedensnobelpreis erhielt - und das durch sein zukünftiges Verhalten sich dieser höchsten aller Auszeichnungen würdig erweisen sollte.
Leider ist z.B. im Konflikt mit Russland genau das Gegenteil der Fall. Hier werden provozierend die "Muskeln spielen gelassen" - ein sehr verharmlosendes Bild für Manöver vor der russischen Haustür mit der Gefahr unbeabsichtigter, potentiell fataler Zwischenfälle. - Dass es während des Kalten Kriegs mehrfach um Haaresbreite zu einem "Atomkrieg aus Versehen" kam wird von den Befürworter*innen der nuklearen Abschreckungsstrategie verdrängt!
Die Manöver, nicht zuletzt die, die unter Mitwirkung Schleswig-Holsteins auf der Ostsee stattfinden, sollen Russland warnen. Aber führt dies wirklich dazu, dass die Gegenseite nachgibt, "klein beigibt"?
Tatsache ist doch, dass die Gegenseite ebenfalls aufrüstet, um uns zu zeigen: Es wird Euch teuer zu stehen kommen, wenn wir uns angegriffen fühlen! "Teuer" heisst zahllose Tote und Verletzte, die als Zivilisten eigentlich vom Kriegsrecht geschützt werden sollen! Schon von daher sind Nuklarwaffen und strategische Planungen mit ihnen ein Kriegsverbrechen! Radioaktivität hält sich an keine Grenzen! Die Folgen der Verseuchung haben noch mehrere Generationen, Ihre und unsere Kinder und Enkel, zu tragen!
Statt alle Kraft in Verhandlungen über Rüstungskontrolle, Zusammenarbeit und Vertrauens-bildende Massnahmen und Kooperation zu setzen, will die Bundesregierung ihre nukleare Teilhabe an den US-Atomwaffen in Büchel aufrecht erhalten - und dafür sogar weitere Millionenbeträge investieren, die für zivile Aufgaben dringend gebraucht würden.
Ein Konfliktgegner, der eine Atomwaffe bereit hält und droht, sie einzusetzen, ist aus Sicht eines sich bedroht fühlenden Gegners doch vorrangiges Ziel seines präventiven Angriffs. "Raketen sind Magneten!"
Wenn es zum nuklearen "High Noon" kommt, werden voraussichtlich alle Beteiligten hier in Deutschland und in Europasowie in Russland zu Opfern werden. "Die Überlebenden werden die Toten beneiden!"
D.h., nicht nur die direkt Beteiligten, sondern wir, die Zivilbevölkerung! Sie, Ihre Kinder, unsere Kinder und Enkel, die Sie doch sicher lieben und alles für ihre lebenswerte Zukunft tun möchten!
 
Der Klimawandel und insbesondere dessen verheerende Auswirkungen auf die Völker des Südens und die augenblickliche Pandemie haben uns doch vor Augen geführt, dass wir alle im selben Boot Erde sitzen und nur durch solidarisches globales Handeln auch uns selbst schützen können.
Diese Herausforderungen brauchen all unsere Kraft, unseren finanziellen Einsatz und unsere Bereitschaft, uns empathisch in die Situation des Gegners hinein zu versetzen und unsere Kreativität, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Darum bitte ich Sie und ich fordere es auch von Ihnen als verantwortungsvolle, derzeit mit politischer Macht Betraute: Ziehen Sie sich nicht auf die derzeitige offizielle Bastion der Bundesregierung zurück, sondern üben Sie über Ihre Partei und das Land Schleswig-Holstein Druck und Überzeugungsarbeit aus, damit die Bundesregierung dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt!
Nach einer aktuellen Studie von Greenpeace fordern 92% der Bundesbürfer*innen den Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel. Bedenken Sie auch, dass dies Ihre Wähler*innen sind!
Wir werden uns in die kommenden Wahlkämpfe einmischen und Ihre Haltung publik machen! 
 
Mit freundliche und noch hoffnungsvollen Grüßen
M. Klingenburg-Vogel
 
Im Anhang eine Presseerklärung der Kieler Gruppe der IPPNW

Pressemitteilung der Kieler Gruppe der IPPNW
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in sozialer Verantwortung

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen ICAN war 2007 von der IPPNW
und anderen Organisationen gegründet worden. Für ihr erfolgreiches Engagement für ein weltweites
Verbot von Atomwaffen wurde ICAN 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet
Nachdem mehr als 50 Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) ratifiziert hatten, ist der AVV
seit dem 22.1.21 nun Teil des Humanitären Völkerrechts der UNO. Dadurch sind Atomwaffen,
ähnlich wie biologische und chemische Waffen, Antipersonenminen und Streumunition geächtet.
Deren Ächtung hat sich weitgehend durchgesetzt. Verstöße werden international geahndet.
Der AVV verbietet sowohl Entwicklung, Test, Produktion, Erwerb, Lagerung, Transfer,
Stationierung als auch insbesondere den Einsatz von Atomwaffen sowie die Drohung damit. Dies
öffnet den Weg für Verhandlungen im Konfliktfall, vertrauensbildende Maßnahmen sowie neuen
Abrüstungsverhandlungen der Atommächte.
In Büchel in der Eifel lagern noch immer amerikanische Atombomben, die „im Ernstfall“ von
deutschen Piloten ins Ziel geflogen werden sollen. Obwohl 2010 fraktionsübergreifend vom
Bundestag deren Abzug beschlossen worden war, weigert sich die Bundesregierung bisher, dem
AVV beizutreten. Sie begründet ihre Weigerung damit, dass, solange Deutschland noch von
Atomwaffenstaaten angegriffen werden könne, diese Atomwaffen zur Abschreckung nötig wären.
Genau das Gegenteil ist der Fall! Denn sollte ein militärischer Konflikt nuklear zu eskalieren
drohen, dann wäre Deutschland als Atomwaffenstandort primäres Ziel. Ein „Gleichgewicht des
Schreckens“, das im Kalten Krieg nach Meinung der Bundesregierung den Frieden garantiert habe,
ist ein sehr riskantes Mittel. Denn es kam durch Fehlalarme mehrfach zu einem, oft erst in letzter
Sekunde verhinderten Beinahe-“Atomkrieg aus Versehen“!
Der zunehmende Konfrontationskurs des Westens gegenüber Russland erhöht die Gefahr einer
militärischer Eskalation! Die sog. Weltuntergangsuhr, „Doomsday Clock“, wurde deshalb Anfang
2020 wegen der Gefahren durch einen Atomkrieg und durch den Klimawandel auf einhundert
Sekunden vor Zwölf gestellt, einer Warnstufe wie seit 1947 noch nie!
Dass in den neueren Militärstrategien der Einsatz sogenannter strategischer „Mininukes“ geplant
wird, senkt die Hemmschwelle zu ihrem Einsatz auf bedrohliche Weise! Dabei verharmlost die
Bezeichnung „Mininukes“, dass deren Vernichtungskraft der einer Hiroshimabombe entspricht!
Und Deutschland und Mitteleuropa wären dann der Austragungsort eines Atomkriegs! Die Folgen
der Vernichtung, Hunderttausende von Toten und lebenslang an den Folgen der Verstrahlung
leidenden Überlebenden wären unvorstellbar. Für die Aufklärung über die Auswirkungen eines
Atomkrieges unter dem Motto „Die Überlebenden werden die Toten beneiden“ wurde der ärztlichen
Friedensorganisation IPPNW 1985 der Friedensnobelpreis verliehen.
Noch heute, 75 Jahre nach Kriegsende, sind wir mit den Folgen des zweiten Weltkriegs in Form
von Munitionsresten in der Ostsee und im Land konfrontiert. Doch Radioaktivität lässt sich nicht
wie Blindgänger durch einen Kampfmittelräumdienst beseitigen. Radioaktivität hält sich an keine
Landesgrenzen!
Radioaktivität bedeutet eine Jahrzehntelang anhaltende unsichtbare Gefahr für die den akuten
Angriff Überlebenden, die vermehrt an Krebs erkranken und deren Nachkommen noch über
mehrere Generationen mit gravierenden Fehlbildungen geboren würden.
Schleswig-Holstein als Marinestandort und mit seinen Werften wäre vorrangiges Angriffsziel!

Arbeitsgruppe Atomwaffenverbot Schleswig-Holstein gegründet

Anlässlich des bevorstehenden Termins für das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsantrages am 22. Januar 2021 hat sich die Arbeitsgruppe Atomwaffenverbot Schleswig-Holstein gegründet. Dem Gründungskreis gehören Friedensaktivist*innen der IPPNW Kiel (Ärzte gegen Atomkrieg), dem Kieler Friedensforum, der Hiroshima-Arbeitsgemeinschaft, dem Friedensforum Neumünster und dem Kirchenkreis Altholstein an.

Die Arbeitsgruppe hat sich zur Aufgabe gemacht, über den Atomwaffenverbotsantrag zu informieren und darauf hinzuarbeiten, dass auch die Bundesrepublik Deutschland den Vertrag ratifiziert. Dazu sollen zivilgesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften, Kirche und andere soziale Einrichtungen und Initiativen gewonnen werden, um dem Bundestag bzw. die Bundesregierung zu bewegen, den Atomwaffenverbotsantrag zu ratifizieren.

Der im Jahr 2017 von 122 UNO-Staaten verabschiedete Atomwaffenverbotsvertrag tritt am 22. Januar 2021, 90 Tage nach Ratifizierung des 50. Staates, in Kraft, nachdem im vergangenen Jahre Honduras als 50. Staat den Vertrag ratifiziert hat. In dem völkerrechtlich bindenden Vertrag verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, „nie, unter keinen Umständen“ Atomwaffen zu entwickeln, herzustellen, anzuschaffen, zu besitzen oder zu lagern.

Der zivilgesellschaftlich auf den Weg gebrachte Vertrag geht auf die Aktivitäten der internationalen Kampagne zu Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zurück, die 2017 den Friedennobelpreis erhielt. Damit hat erneut eine Nichtregierungsorganisation und damit die Zivilgesellschaft Einfluss nehmen können auf die Schaffung von Völkerrecht.

Die Organisation Mayors for Peace, ein von Hiroshima geführtes, weltweites Städtebündnis mit rund 8.000 Mitgliederstädten begrüßt das Inkrafttreten des Vertrages. Unter den 700 Mitgliedsstädten in Deutschland war die Landeshauptstadt Kiel eine der ersten Mitgliedsstädte in Schleswig-Holstein.

Friedensgruppen in Deutschland fordern seit Langem, dass auch Deutschland den Vertrag ratifiziert. Das hätte zur Konsequenz, dass die Nukleare Teilhabe Deutschlands aufgekündigt wird und die noch in der Eifel lagernden atomaren Sprengköpfe der US-Army abgezogen werden. Im Rahmen der Nuklearen Teilhabe üben deutsche Pilot*innen der Bundeswehr den Einsatz von Atomwaffen mit amerikanischen Atomwaffen. Das weitere Festhalten an der auf Abschreckung setzenden Nuklearwaffenstrategie muss als Missachtung der Vereinten Nationen gewertet werden.

Kieler Friedensgruppen feierten den 22. Januar 2021 und riefen zu einer Feiermahnwache vor dem Kieler Rathaus auf.

Die Stadt Kiel unterstützt das Atomwaffenverbot. Stadtpräsident Hans-Werner Tovar appeliert an die Bundesregierung dem Vertrag beizutreten. Um seinem Appell ein bisschen mehr Deutlichkeit zu verschaffen, hisste die Stadt Kiel auf dem Balkon des Oberbürgermeisters die Flagge der Initiative Mayors for Peace.

(Benno Stahn, Kieler Friedensforum)
Kontakt: siegfried.lauinger@gmx.de und/oder b.stahn@kieler-friedensforum.de

Anlässlich der Hiroshima- und Nagasaki-Gedenkveranstaltungen im Hiroshimapark fordern Friedensgruppen seit Jahren die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsantrages.

Klimakrise:

Heißer und heißer

Mitte Januar ist die Zeit für Meteorologen und Klimawissenschaftler, Bilanz zu ziehen. Wie warm war das letzte Jahr? Was macht die globale Erwärmung? Gibt es vielleicht mal eine Pause? Ist Corona bedingt vielleicht ein ganz klein wenig Besserung in Sicht? Immerhin sind ja die Emissionen der Treibhausgase ein wenig zurück gegangen.


Nein. Keine Besserung in Sicht. 2020 war innerhalb der Messgenauigkeit gleichauf mit 2016, dem bisher wärmsten Jahr seit Beginn der flächendeckenden Temperaturaufzeichnungen. Die Klimakrise macht keine Coronapause und die fossile Industrie in ihrem Amoklauf auch nicht.
Pünktlich am Montag (18.01.2021) nach dem Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet zum neuen CDU-Chef gewählt worden war, begannen RWE-Trupps am rheinländischen Braunkohletagebau Grazweiler 2 damit in dem kleinen Dorf Lützerath Gebäude abzureißen. Unter dem Schutz eines massiven Polizeiaufgebots, das in gewohnt brachialer Manier verschieden Blockaden Protestierender aus dem Weg räumte.
Vor den Augen und in der unmittelbaren Nachbarschaft jener Menschen, die sich noch immer gegen eine Zwangsumsiedlung wehren; in einem Dorf, das nach einem bis zum vergangenen Dezember vom CDU-geführten Bundeswirtschaftsministerium geheim gehaltenen Gutachten nicht abgerissen werden müsste. Nicht einmal, wenn man den um mindestens eineinhalb Jahrzehnte zu späten Ausstieg aus der Braunkohle im Jahre 2038 als Rahmen akzeptierte.

Während Deutschland inzwischen ins vierte Dürrejahr geht, in der Nordatlantikregion eine einzigartig intensive Hurrikan-Saisaon hinter uns liegt, tropische Wirbelstürme nun auch offenbar häufiger im Mittelmeer auftreten, der Amazonas-Regenwald sich einem Punkt nähert, an dem ein Umkippen hin zu einem Savannen-Klima in der Region immer wahrscheinlicher wird, hierzulande viele Wälder beginnen großflächig abzusterben, setzen CDU und RWE auf eine Strategie des Terrors um den Widerstand gegen ihr Klima-Kamikaze einzuschüchtern und zu zermürben.

Und, nein, die Leitartikler von FaZ und Welt, von Bild und KN schreien nicht „Sozialismus!“ und „Stalinismus!“, wenn Bauern und andere Tagebau-Anwohner enteignet werden. Übrigens auch nicht, wenn das gleiche für den Bau von weiteren über 800 Kilometern Autobahn geschieht. Die „rote Gefahr“ droht natürlich nur, wenn an der Spree eine Mieterinitiative fordert alle großen Wohnungsbaukonzerne wie Deutsche Wohnen oder auch die aus Kiel unrühmlich bekannte Vonovia zu enteignen.

Derweil spitzt sich die Klimakrise weiter zu, und die CDU hat jetzt einen Vorsitzenden, der noch 2019 in einer Fernseh-Talkshow zur Rechtfertigung seiner Bürgerkriegsübungen im Hambacher Forst meinte: „Aus irgend einem Grund ist das Klimathema plötzlich ein weltweites Thema geworden.“ 2019. 30 Jahre nach dem Beginn der internationalen Verhandlungen über Klimaschutz, gut 25 Jahre nach der Veröffentlichung mehrerer 1000 Berichts-Seiten einer Bundestags-Enquetekommission, auf denen bereits alles Wesentliche zur sich jetzt entfaltenden Klimakrise nachzulesen war.

Und was nun? Den Kopf in den Sand stecken? Mit der CDU koalieren, um Schlimmeres zu verhindern (und ein paar Kriege notfalls auch ohne UN-Mandat zu führen, wie es die grüne Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock ankündigt)? Hat ja seinerzeit auch mit Moorburg, Garzweiler und dem Krieg gegen Jugoslawien schon so gut geklappt, nicht wahr?

Oder vielleicht doch lieber mehr Druck aus der Gesellschaft aufbauen? Mit den Fridays-for-Future-Schülerinnen und -Schülern, mit den Aktivistinnen und Aktivisten von Ende-Gelände, mit den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern für Klimaschutz, mit all den vielen lokalen Initiativen, die versuchen, den Aufbau der erneuerbaren Energieträger in die eigenen Hände zu nehmen, Genossenschaften aufbauen oder um die Rekommunalisierung der örtlichen Stadtwerke ringen?

(wop)

This Mess We’re In - New Video - Sofia Talvik

2020 has been a crazy year in many aspects. Swedish artist Sofia Talvik’s new Christmas single is taking on quite a few of these in her new music video. ”Can we fix this mess we’re in?” is what she’s asking while showing grave pictures of covid deniers in north the U.S and Europe, nurses struggling with overfilled hospitals, wildfires raging California and hurricanes blasting through Puerto Rico. ”I’m looking into the ornament, the cracking surface shows me a world that’s spent” she sings as icebergs are collapsing in the next picture. If anyone was wondering where she stands on these issues, this video makes it clear. She is not a denier. ”This Mess We’re In” follows her tradition of releasing a Christmas single every year for over 10 years. In 2017 she gathered her songs up till then and released the album ”When Winter Comes” which charted as no 5 on Folk Radio USA. For this new single she has taken a step away from her usual acoustic Folk/Americana sound and explored the wonders of dream-folk. With a production of 5 different guitars and a banjo she has also invited New Orleans drummer Marc Pagani and Swedish bass genius Janne Manninen (Robyn, Seinabo Sey) to join her, creating a magic wonderland for this evocative production which still manages to tie in with her folky roots. ”I guess you could call it a doomsday Christmas song, because why not, it’s 2020.” Is Sofia’s own words about the single, and it shows in this gutsy video.

If you haven’t had a chance to check it out you can find it here, and the single is as always a free download on http://music.sofiatalvik.com. While you’re there, don’t forget to check out the 4 track unplugged Christmas EP ”Notes For Christmas”.

Sofia Talvik - This Mess We're In
 
  • 12-2020 Erklärung der Friedensbewegung
  • 12-2020 5. Dezember 2020 Aktionstag Abrüsten
  • 10-2020 Für eine bessere Zukunft
  • 09-2020 Attac-Erklärung zum Antikriegstag 2020
  • 08-2020 Südspange? Nein Danke!
  • 08-2020 Kreuzfahrtschiffe sollen trotz Corona wieder in See stechen
  • 08-2020 Studierende schon vor der Krise in desolater Lage
  • 04-2020 Attac fordert ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem und einen Umbau der Wirtschaft! (2)
  • 03-2020 Großmanöver Defender 2020 (2)
  • 01-2020-Wir-haben-es-satt!

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